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Alfred-Wegener-Institut | Jeremy Harbeck | Thwaites-Gletscher in der West-Antarktis

© Alfred-Wegener-Institut | Jeremy Harbeck | Thwaites-Gletscher in der West-Antarktis

Die Zukunft des Thwaites-Gletschers in der West-Antarktis

Internationales Projekt erforscht, wie schnell ein massiver Gletscher in der Antarktis zerfallen könnte.

Ein gemeinsames britisches und US-amerikanisches Forschungsprogramm zählt zu den detailreichsten und ausführlichsten Untersuchungen eines massiven antarktischen Gletschers, die je vorgenommen wurden. Das Alfred-Wegener-Institut beteiligt sich mit einer einzigartigen Methode zur Erkundung der Eis-Struktur und des geologischen Untergrundes.

Der Zusammenbruch des Thwaites-Gletschers in der West-Antarktis könnte den weltweiten Meeresspiegel signifikant verändern. Er hat ein Einzugsgebiet, das ungefähr der Fläche von Großbritannien oder dem US-Bundesstaat Florida entspricht und für ca. vier Prozent des globalen Meeresspiegelanstiegs — etwa doppelt so viel wie Mitte der 1990er Jahre — verantwortlich ist.  

Als Teil einer neuen, mit £20 Millionen (ca. 23 Millionen Euro) dotierten Forschungszusammenarbeit werden der britische Natural Environment Research Council (NERC) und die amerikanische National Science Foundation (NSF) ihre Wissenschaftler in die Antarktis schicken. Diese werden die notwendigen Daten sammeln, um festzustellen, ob der Zusammenbruch des Gletschers eher in den nächsten Jahrzehnten oder den nächsten Jahrhunderten zu erwarten ist.

Gemeinsam haben der NERC und die NSF acht Großprojekte finanziert, die führende Polarwissenschaftler in einer der unwirtlichsten Regionen der Welt zusammenbringen werden. Das Programm, offiziell als International Thwaites Glacier Collaboration (ITGC) bezeichnet, stellt das größte gemeinsame Antarktis-Projekt der beiden Nationen seit über 70 Jahren dar —seit dem Abschluss eines Kartierungsprojekts auf der Antarktischen Halbinsel in den spät 1940er Jahren. 

An der aktuellen Zusammenarbeit sind ca. 100 Experten von global führenden Forschungsinstituten in beiden Ländern, sowie Forscher aus Südkorea, Deutschland, Schweden, Neuseeland und Finnland beteiligt, die zu den verschieden Projekten beitragen.

Das Alfred-Wegener-Institut beteiligt sich direkt an einer Expedition, bei der Wissenschaftler die Struktur des Eises und des geologischen Untergrundes erkunden. Das sogenannte Vibroseis-Verfahren ermöglicht es, mehr und qualitativ hochwertige Daten zu erhalten als mit den konventionellen sprengseismischen Verfahren. Das Alfred-Wegener-Institut ist die einzige Einrichtung weltweit, die dieses Verfahren für Eis etabliert hat und die entsprechenden Gerätschaften besitzt.

„Es ist daher sehr erfreulich, dass wir unsere Expertise in dieses Projekt einbringen können“, sagt Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut. “Konkret wollen wir herausfinden, wie der Untergrund beschaffen ist, ob dort festes Gestein oder weiche Sedimente vorhanden sind und ob diese eher trocken oder wassergesättigt sind. All diese Eigenschaften haben einen großen Einfluss auf die Art und Weise, wie der Gletscher über den Untergrund gleitet und wie sich dies eventuell in Zukunft verändern könnte.”

Wenn sie mehr Eis an den Ozean abgeben als sie durch Schneefall ansammeln, tragen die Gletscher der Antarktis zum Meeresspiegelanstieg bei. Um die Ursachen für die veränderten Eisflüsse zu verstehen werden Forschungsarbeiten direkt auf dem Eis und im umliegenden Ozean, sowie zum Klima in der Region benötigt. Dabei werden die Wissenschaftler die neuesten Geräte und Techniken einsetzen — von Bohrern, die mit Heißwasserstrahlen 1.500m tiefe Zugangslöcher ins Eis bohren können, zu autonomen Unterwasserfahrzeugen wie der Autosub Long Range, weltweit auch bekannt unter dem Spitznamen Boaty McBoatface.        

Die verschiedenen Forschungsteams werden Gelder in Höhe von rund £20 Millionen (ca. 23 Millionen Euro) erhalten. Darüber hinaus aber könnte die notwendige logistische Unterstützung für eine solche wissenschaftliche Kampagne an einem der abgelegensten Orte der Antarktis Kosten in Höhe von weiteren £20 Millionen verursachen. Da die nächste dauerhaft bemannte Forschungsstation mehr als 1600 Kilometer vom Thwaites-Gletscher entfernt ist, wird ein gemeinsamer Kraftakt der beiden Nationen nötig sein, um die Wissenschaftler zu ihrem künftigen Forschungsareal zu bringen. Während die Forscher, die auf dem Eis arbeiten, auf Luftunterstützung von britischen und US-amerikanischen Forschungsstationen angewiesen sind, werden die beteiligten Meeresforscher und Geophysiker den Gletscher auf britischen und US-amerikanischen Forschungseisbrechern anfahren.  

Das wissenschaftliche Programm und dazugehörige logistische Maßnahmen fangen im Oktober 2018 an und dauern bis 2021. Um die Erfolgschancen zu maximieren sind sowohl acht Forschungsprojekte als auch ein Koordinierungszuschuss finanziert worden. Die Forschungsaktivitäten und gewonnene Informationen werden durch zahlreiche öffentlichkeitsarbeits- und medienbezogene Kampagnen in Großbritannien und den USA, sowie Webseiten und Blogs, kommuniziert und verbreitet. Am Ende des Programms werden die von der ITGC gesammelten Daten archiviert und frei zugänglich gemacht, um künftige Forschung in der Region zu unterstützen.

Quelle

Alfred-Wegener-Institut (AWI) 2018

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