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So könnte Mieterstrom doch noch zum Erfolgsmodell werden

Selbst die erste Langfassung des Klimapakets speist Mieterstrom in einem Satz ab, ohne Verbesserungen an dem Modell vorzulegen.

Zur aktiven Teilhabe der Bürger an ihrer Energieversorgung, „wird auch die Verbesserung des Rahmens für Mieterstrommodelle einen Beitrag leisten“ – so steht es in einem ersten Entwurf der Langfassung des Klimapakets vom 24.09.2019. Während der 186 Seiten lange Entwurf an vielen Stellen schon ins Detail geht, gibt es zum Modell Mieterstrom noch keine richtungsweisenden Maßnahmen, wie genossenschaftliche Energieprojekte doch noch zu einem durchschlagenden Erfolg für die Energiewende werden.

Denn bislang wurde nur ein Prozent der gesetzlich möglichen geförderten Mieterstrommenge realisiert, wie der Bundesverband der Verbraucherzentrale deutlich macht. Gemeinsam mit 11 anderen Verbänden – darunter die Deutsche Umwelthilfe, Bundesverband Neue Energiewirtschaft und Bundesverband Solarwirtschaft – schlägt die Verbraucherzentrale daher konkrete Maßnahmen vor, die Mieterstrom endlich attraktiver machen und die Energiewende in den Städten voranbringt.

  1. Mieterstromzuschlag an EEG-Umlage anpassen: Nutzer von Mieterstrom müssen bislang die volle EEG-Umlage von aktuell 6,4 Cent/kWh zahlen. Zwar wird gleichzeitig der Verbrauch von Mieterstrom gefördert, jedoch in zu geringem Maße. In absehbarer Zeit könnte die Förderung auf Null fallen. Die Verbände fordern, dass der Mieterstromzuschlag entsprechend der Differenz zur EEG-Umlage angepasst wird.
  2. Finanzielle Förderung muss bei Mietern und Wohnungseigentümern in Mehrfamilienhäusern ankommen: Ein großer Anteil der Mieterstromvergütung muss die Haushalte direkt erreichen. Private Haushalte, die nicht vom Mieterstrom profitieren, aber diesen anteilig mitfinanzieren, sollten im Rahmen einer Reform des Strompreises entlastet werden.
  3. Lokal erzeugter erneuerbarer Strom braucht einen eindeutigen räumlichen Bezug: Unklare Definitionen über den räumlichen Zusammenhang von Projekten, haben bislang häufig juristische Einzelfallentscheidungen zur Folge. Die Verbände plädieren hier für eindeutige räumliche Bezüge. Ein ganzes Quartier etwa, sollte in Kombination mit weiteren Erzeugungs- und Speicheranlagen mit Mieterstrom versorgt werden dürfen, ohne dass dadurch die Förderwürdigkeit von Mieterstrom entfällt. Das ist bislang nicht der Fall.
  4. Solaranlagen auf Hausdächern sollten wie der Betrieb von Heizungen anerkannt werden: Mieterstrom kann bislang zum Verlust der Gewerbesteuerbefreiung führen, was viele Wohnungsunternehmer und Immobilienbesitzer abschreckt. Es bedarf einer Änderung des Gewerbesteuergesetzes fordern die Verbände. Im Bundesrat ist eine entsprechende Gesetzesänderung bereits durch. Die Bundesregierung lässt noch auf sich warten.
  5. Energieversorger sollten Mieterstrommodelle direkt anbieten können: Bislang müssen Anlagenbetreiber und Stromlieferant dieselbe Person sein. Das hemmt Energieversorger Mieterstrommodelle direkt anbieten zu können. Die Verpachtung von Dächern mit Solaranlagen sei keine befriedigende Lösung. Es müsse daher ermöglicht werden, dass auch Mieterstromprojekte mit Energieanbietern, die nicht die konkrete PV-Anlage betreiben, realisiert werden können.

Große Hoffnung setzen die Verbände auf die Erneuerbaren-Energien-Richtlinie – kurz EE-Richtlinie – der Europäischen Union. Gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Philipp Boos hat sich auch das Bündnis Bürgerenergie die Richtlinie genauer angeschaut und kommt zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung zu deren Umsetzung diverse Änderungen vornehmen muss. Denn das Recht auf erneuerbare Eigenversorgung ist mit der EE-Richtlinie nun europaweit verankert. Darin wird klar geregelt, dass mehrere Akteure gemeinsam Eigenversorgung mit Erneuerbaren Energien betreiben können, wie Boos erklärt. „Kollektive Eigenversorgung aus Erneuerbaren Energien, etwa wenn mehrere Wohnungseigentümer gemeinsam eine Solaranlage auf dem Dach betreiben, wird aktuell in der Praxis kaum angewandt – die gesetzlichen Regelungen lassen so etwas bisher kaum zu“, so Boos. Mit der neuen EE-Richtlinie sei der deutsche Gesetzgeber hingegen in der Pflicht, Änderungen vorzunehmen.

Die Energiewende habe neben dem Klimaschutz-Aspekt auch eine sehr demokratische Komponente, sagt Malte Zieher Vorstand des Bündnis Bürgerenergie, bei einer Veranstaltung im Berliner Mieterstromprojekt Möckernkiez. „Bürgerinnen und Bürger sind die entscheidenden Treiber beim Ausbau Erneuerbarer Energien vor Ort“, so Zieher. Und im Möckernkiez zeigt sich bereits, wie gut Mieterstrommodelle funktionieren können – in diesem Fall in Zusammenarbeit mit dem Ökostromanbieter NATURSTROM AG. Doch vielerorts gestaltet sich die Implementierung von Mieterstrommodellen noch schwierig. Zumindest der Solardeckel soll laut Klimapaket wegfallen. Mit einer Novellierung des Mieterstromgesetzes wird im Herbst gerechnet. Es wartet noch viel Arbeit auf die Bundesregierung.

Quelle

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Bericht wurde von der Redaktion
“energiezukunft“ (mf) 2019 
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werden! | energiezukunft | Heft 26
/ Herbst 2019 | „Nachhaltige Lebensstile“ | 
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