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© pixelio.de | Rike | Internationaler CO2-Ausstoß fällt bei strikten Regeln im Heimatland signifikant geringer aus.

Kohlekraft weltweit im leichten Rückgang, nur nicht in China

Die Stromerzeugung aus Kohlekraft wird im Jahr 2019 weltweit voraussichtlich um rund drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr sinken. Dabei ist der Rückgang ungleich verteilt. Bittere Folge: Energieerzeugung aus Atomkraft und Gas stieg dadurch an.

Weltweit gesehen könnte die durchschnittliche Auslastung von Kohlekraftwerken in diesem Jahr voraussichtlich ein historisches Tief erreichen: Nach einem nahezu ununterbrochenen Wachstum über die letzten Jahrzehnte hinweg geht eine aktuelle Analyse davon aus, dass die weltweite Stromerzeugung aus Kohle im Jahr 2019 sichtbar zurückgeht – was einer Reduktion von rund 300 Terawattstunden (TWh) entspräche. Im Vergleich: Das wäre mehr als die gesamte Kohleproduktion in Deutschland, Spanien und Großbritannien im vergangenen Jahr an Terawattstunden zusammengebracht hat.

Das ist vor allem dem wachsenden Anteil Erneuerbarer Energien, steigenden CO2-Preisen, der Stilllegung von Kohlekraftwerken sowie einer Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums geschuldet – und wird sich weiter auf die Rentabilität sowohl der vorhandenen als auch der geplanten Kohlekraft-Kapazität auswirken. Die von Carbon Brief veröffentlichte Analyse beruht auf monatlichen Daten zur Stromerzeugung weltweit für die ersten sieben bis zehn Monate des Jahres – je nach vorhandener Datenlage – in den jeweiligen Ländern.

In den USA wurden etliche Kohlekraftwerke geschlossen, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, dadurch ging dort die Energieleistung aus Kohlekraft sichtlich zurück. Auch in Deutschland und der gesamten EU sank die Kohleverstromung, ebenso in Südkorea. In Indien gab es laut Zahlen aus der Analyse zum ersten Mal einen spürbaren Rückgang in der Kohleproduktion. In Südostasien dagegen lässt sich laut Bericht ein anhaltender Anstieg der Kohleförderung beobachten – die Nachfrage aus diesen Ländern sei im Verhältnis zur globalen Gesamtmenge jedoch immer noch gering.

Kohlekraft nicht mehr wirtschaftlich, Klimaziele bleiben in weiter Ferne

Die Wirtschaftlichkeit von Kohlekraftwerken sinkt, vor allem weil die durchschnittlichen Betriebsstunden weiter sinken werden. Für die Entwicklung der globalen CO2-Emissionen hat die Entwicklung erstmal leider nur wenig Effekte: Diese könne sich dadurch zwar ein wenig verlangsamen. Doch der weltweite Kohleverbrauch und die Emissionen liegen immer noch weit über dem Niveau, das für die Pariser Klimaziele notwendig wäre.

Zuletzt war laut Bericht ein leichter Rückgang der Kohlekraftleistung um 148 TWh im Jahr 2009 infolge der globalen Finanzkrise zu verzeichnen, auch 2015 gab es ein leichtes Absinken, was vor allem auf eine kurze wirtschaftliche Wachstumspause in China zurückzuführen sei. Die Gründe für den voraussichtlich historischen Rückgang der Kohleverstromung in diesem Jahr sind von Land zu Land unterschiedlich. Insgesamt gesehen ist er einer verstärkten Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien geschuldet, doch auch Atomkraft und Gas legen zu; zudem gehe in einigen Länder der Strombedarf etwas zurück, das ist laut Analyse-Daten auf ein langsameres globales Wirtschaftswachstum und weniger Handel zurückzuführen.

Weniger Stromverbrauch

Im Jahr 2019 war ein relativ schwaches Wachstum der gesamten Stromnachfrage zu verzeichnen. Weniger Strombedarf gab es demnach in Japan und Südkorea – in diesen Ländern gingen die Exporte zurück, gleichzeitig stieg aber auch die Atomstromproduktion an. In beiden Ländern ist die Atomlobby stark. Die südkoreanische Regierung hat sich immerhin zum Ziel gesetzt, den Anteil an Ökostrom bis 2040 auf bis zu 35 Prozent zu erhöhen.

In Nordamerika wurden zwar Kohlekraftwerke geschlossen, dafür jedoch neue Gaskraftwerke gebaut. In Indien ging die Stromnachfrage im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück, die Kohleproduktion sank im Oktober gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent. Das Wachstum der CO2-Emissionen des Landes werde sich voraussichtlich weiter verlangsamen, so die Einschätzung der Analysten.

Gas statt Kohle ist nicht die Lösung

Auch in der Europäischen Union sank im ersten Halbjahr 2019 die Stromerzeugung aus Kohle um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in der zweiten Jahreshälfte werden 23 Prozent erwartet. Die Nutzung von Wind- und Solarenergie hat sich gesteigert, aber auch die von Gas, das die Kohle ersetzt. Während der CO2-Preis für Kohle im EU-Emissionshandelssystem anstieg, fielen die Gaspreise.

Strom aus Kohle machte im ersten Halbjahr 2019 weniger als zwei Prozent des Strommix in Irland, Großbritannien oder Frankreich aus – wobei im Hexagon die Atomkraft dominiert statt Erneuerbarer Energien. Sechs Prozent Kohlestrom waren es in Spanien und Italien. In den osteuropäischen Ländern dagegen ging der Anteil der Kohlekraft nicht zurück – da hier ein Ausbau Erneuerbarer Energien kaum stattfindet. Von den 17.000 Megawatt Erneuerbaren Energien, die 2018 in ganz Europa installiert wurden, entfielen lächerliche 39 Megawatt auf Polen, 26 Megawatt auf Tschechien, rund 5 Megawatt auf Rumänien und ganze 3 Megawatt auf Bulgarien. In Slowenien und Bulgarien stieg die Kohleförderung sogar leicht an. In Griechenland wurde die Gasproduktion gesteigert und dafür etwas weniger Kohlekraft eingesetzt.

China ist Kohle – größter Produzent, Verbraucher und Importeur

In China kamen zwar neue Kohlekraftwerke ans Netz, die Auslastung ging jedoch aufgrund sinkender Stromnachfrage zurück. Experten beobachten das Land weiter mit Sorge. Denn die Volksrepublik plant einen weiteren Ausbau der Kohlekraft. Über 1.000 Gigawatt an Kohlekapazität sind in China installiert, das entspricht bereits der Hälfte der weltweit installierten Leistung. Und obwohl es bereits Überkapazitäten gibt, fordert die chinesische Kohleindustrie einen Ausbau auf 1.400 Gigawatt bis zum Jahr 2035. Gleichzeitig subventioniert China den Ausbau Erneuerbarer Energien, es wurden Verträge für Wind- und Solaranlagen abgeschlossen, die Strom zum gleichen Preis wie Kohlekraftwerke erzeugen.

Reduzierung der Kohlekraft entscheidender Faktor für die Klimaziele

Die Kohlekraftwerksleistung mit massiven CO2-Emissionen hat enorme Auswirkungen auf die Klimaerwärmung. Im Jahr 2018 war laut Carbon Brief bspw. ein Anstieg der CO2-Emissionen aus der Kohleverstromung um rund drei Prozent für 50 Prozent des weltweiten Anstiegs der Emissionen aus fossilen Brennstoffen verantwortlich. Für das Jahr 2019 könnte eine Reduzierung des Kohleverbrauchs im Stromsektor um drei Prozent ein Nullwachstum des globalen CO2-Ausstoßes bedeuten – vorausgesetzt, die Emissionsänderungen in anderen Sektoren entsprechen den Vorjahreswerten. Die Reduzierung der Kohleverstromung spielt eine zentrale Rolle bei der Erreichung der globalen Klimaziele. Der einzige Weg ist und bleibt ein Kohleausstieg mit einem zügigen Ausbau Erneuerbarer Energien.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (na) 2019 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 26 / Herbst 2019 | „Nachhaltige
Lebensstile“ | Jetzt lesen Download

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