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infosperber.ch | Romano Paganini | Erdöl-Ausfluss in der Kleinstadt Shushufindi: Sandsäcke sollen den gröbsten Teil auffangen.

© infosperber.ch | Romano Paganini | Erdöl-Ausfluss in der Kleinstadt Shushufindi: Sandsäcke sollen den gröbsten Teil auffangen.

Ecuador: Die stille Umweltkatastrophe im Amazonas

2,5 Millionen Liter Öl aus einer gebrochenen Pipeline haben mehrere Flüsse im Amazonas verseucht.

Anfang April ereignete sich in Ecuador eine der schlimmsten Ölkatastrophen der letzten 15 Jahre. Aber im Zuge der Covid-19-Pandemie blieb die Ölpest im Amazonasbecken von Medien weitgehend unbeachtet. Zehntausende Bauern und Indigene, die im verseuchten Gebiet leben, haben ihre Lebensgrundlage verloren. Doch die Verantwortlichen der Erdölindustrie und der Regierung weisen jede Schuld von sich. Und die ecuadorianische Justiz bleibt untätig.

Die Fotos der Familien, die entlang der Flüsse Coca und Napo im ecuadorianischen Amazonasbecken leben, sind erschreckend. Auf den Bildern, die Indigene- und Menschenrechtsorganisationen in Umlauf gebracht haben, sind stark abgemagerte und verendete Kühe zu sehen. Andere Fotos zeigen vom Erdöl schwarz verfärbte Uferläufe sowie menschliche Körper voller Blasen und Hautausschläge. Auch Kinder mit roten Flecken auf Gesicht, Brust und Bauch sind zu sehen. Die jüngsten von ihnen haben eben erst laufen gelernt.

Ursache dieser Katastrophe ist der Bruch mehrerer Erdöl-Pipelines zwischen den Bohrlöchern im Osten des Landes und der Hauptstadt Quito. Dabei sind am Abend des 7. April 2020 mindestens 15’800 Barrel Erdöl in den Coca-Fluss geströmt – rund 2,5 Millionen Liter.

Am Ursprung steht Ecuadors höchster Wasserfall San Rafael, der mit seiner Höhe von 150 Metern TouristInnen aus aller Welt angezogen hatte. Anfang Februar kam es zur Erosion dieses Wasserfalls. Geologen warnten damals, dass das Gelände weiter abrutschen und Infrastruktur in der Nähe gefährden könnte. Gemeint waren auch die Erdöl-Pipelines der staatlichen Erdölfirma Petroecuador sowie des privaten Unternehmens OCP (Compania de Crudos Pesados Ecuador), die in der Nähe des Wasserfalls verlaufen.

Die Regierung war also gewarnt, sprach hinterher jedoch von «höherer Macht». Begünstigt von der Covid-19-Pandemie, die das öffentliche Interesse von der Umweltkatastrophe ablenkte, schob sie die Schuld auf ein «unvorhersehbares Naturereignis» und entledigte sich so relativ schnell jeglicher Verantwortung – zumindest vorübergehend. Doch Ende April zogen die betroffenen Bauern und indigenen Gemeinden vor Gericht und verlangten eine einstweilige Verfügung. Damit soll die Regierung verpflichtet werden, im verseuchten Gebiet die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln sicherzustellen. Zudem fordern die KlägerInnen eine angemessene Gesundheitsversorgung für die Menschen, die von der Katastrophe betroffen sind. Die Anhörung wurde jedoch seit dem 1. Juni 2020 ausgesetzt und auch nicht wieder aufgenommen. Seither warten die Betroffenen auf Antwort der ecuadorianischen Justiz.

infosperber.ch | Telmo Ibarburu/mutantia.ch | Erdöl verschmutzt die Ufer des Rio Coca, Anfang April 2020infosperber.ch | Ivan Castaneira | Die Erosion des Wasserfalls San Rafael hat auch die dort verlaufenden Erdöl-Piplines mitgerissen.
Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „INFOsperber.ch“ 2020 verfasst –
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