‹ Zurück zur Übersicht
the-smarter-e.com

© the-smarter-e.com | Prof Stefan Rahmstorf

Die Zukunft liegt in unserer Hand

Der virtuelle Abendvortrag von Prof. Dr. Stefan Rahmstorf auf dem diesjährigen PV-Symposium hätte eigentlich einen vollen Seminarraum im Kloster Banz verdient gehabt. Der Titel „Menschheit in der Klimakrise – die wichtigsten Daten und Fakten“ versprach viel und hielt alles. Ein Bericht von Matthias Hüttmann

Damit sich auch ein breiteres Publikum die eindringlich präsentierten Tatsachen beiwohnen konnte, war der Abendvortrag für jeden frei zugänglich. Aber es geht noch mehr: Es gibt einen Mitschnitt des Abends, der kostenlos heruntergeladen werden kann (siehe Hinweis am Ende des Textes).

Warum diese Gelegenheit unbedingt wahrnehmen?
Auch wenn sicherlich weitgehend bekannt ist, welche Ursachen die Erderwärmung hat und wie die Weltgemeinschaft mithilfe des Pariser Klimaabkommens dagegen ankämpfen möchte, so sind die neuesten Daten, die historischen Zusammenhänge als auch die politisch-wirtschaftlichen Verfehlungen und Manipulationen nicht immer präsent. Um darüber aufzuklären und auch ein klein wenig hinter die Kulissen des Wissenschafts-Skeptizismus zu blicken, reiste der bekannte Klimaforscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in seinem Vortrag gar zurück bis zu Alexander von Humboldt. Er machte damit klar, dass die Erkenntnisse über die bereits heute wirksame globale Katastrophe alles andere als neu sind.

Rahmstorf selbst ist bereits seit den 1990’ern in der Klimaforschung als auch publizistisch aktiv. Er ist einer der eifrigsten und akribischsten Erklärer. Das tut er auf seinem Klimalounge-Blog, in Funk und Fernsehen und nicht zuletzt eben auch auf seinen Vorträgen. Das ist durchaus bemerkenswert, ist speziell die klimaforschende Wissenschaft bekanntlich schon seit langer Zeit Angriffsziel von Schmutzkampagnen. Aber während er von Klimaleugnern massiv angegangen wird, genießt er in der Fachwelt ein hohes Ansehen. Und, das sollte herausgestellt werden: Ohne die anerkannte Klimawissenschaft wäre es mit dem Erkennen der Katastrophe nicht weit gediehen.

Rahmstorf machte deutlich, dass wir es mit der Klimakrise – das Wort ist eigentlich zu harmlos – mit einem äußerst ernsten Problem zu tun haben. Es sei bei weitem kein Problem für die „Umwelt“, sondern ein für den Menschen existentielles. So werden und wurden bereits, siehe Syrien, Staaten destabilisiert. Die tiefgreifenden Folgen die von einer Klimakatastrophe ausgehen seien massiver als oftmals beschrieben.

In Sachen Erneuerbare Energien und Energiewende machte er auch deutlich, dass das Pariser Klimaabkommen hierzu einen klaren Weg vorgibt. Da der Handlungsspielraum mittlerweile sehr gering und das Restbudget an noch aus zustoßenden Treibhausgasen limitiert ist, seien die bislang getroffenen Maßnahmen allesamt unzureichend. Denn die von einer Physikerin geführte Bundesregierung müsste eigentlich wissen, was die Stunde geschlagen habe. Wenn das uns zur Verfügung stehende Treibhausgas-Budget aber dennoch zu einem großen Teil alleine durch den zögerlichen Kohleausstieg aufgebraucht werden würde, dann so Rahmstorf, ist das aus den Fakten heraus nicht nachvollziehbar. Das zeigt auch ein CO2-Preis, der deutlich zu niedrig und deshalb praktisch wirkungslos sei. Auch wenn er als Naturwissenschaftler schlecht abschätzen könne was einzelne Maßnahmen bringen, sähen die nackten Zahlen nicht gut aus. Ganz abgesehen davon, dass ein angemessener CO2-Preis, das Umweltbundesamt hatte 180 €/t empfohlen, soziale Wirkungen hätte. An die Bundesregierung gerichtet sagte er, dass die Naturwissenschaft hier ganz klar sei: „Mit der Physik kann man nicht verhandeln, sondern sich nur nach ihr richten“.

In Sachen Energieträger der Zukunft merke Rahmstorf im Übrigen an, dass man etwa über die Kernfusion ab 2050 diskutieren könne. Bis dahin müsse man aber ohnehin mit den Emissionen bei Null angekommen sein. Da mit dieser Technologie, wenn überhaupt, vorher nicht zu rechnen sei, spiele sie für den Klimaschutz keine Rolle. Bei der Atomkraft sei es ähnlich, sie ist nach wie vor zu teuer und kann auch im Bestand immer weniger mit den Erneuerbaren konkurrieren. Aber auch nicht zuletzt wegen der geringen Akzeptanz könne er von ihr keinen nennenswerten Beitrag für den Klimaschutz erkennen.

Er stellte auch klar, dass es unter Klimawissenschaftlern lediglich Kontroversen gibt, wie schnell und nicht ob wir uns von dieser Technologie verabschieden werden. Auch global gesehen, so seine Einschätzung, werde es deshalb kaum bemerkenswert viel Zubau an Kernkraft geben. Das läge aber nicht zuletzt auch daran, da Wind und Solar auf der Kostenseite im deutlichen Vorteil seien und sich leicht hoch skalieren ließen. Der Kritik, dass es durch einen massiven Zubau der Erneuerbaren zu einem Raubbau an Metalle und Rohstoffe kommt, hielt er entgegen, dass dies in keinem Verhältnis zu den Treibhausgasen stünde, da es dort nur noch einen äußerst knappen „Deponieraum“ gäbe. Auch wenn wir in Sachen Ressourcen natürlich in einer endlichen Welt leben, seien Erneuerbare Energien der einzige gangbare Weg.

Das betrifft im Übrigen auch die Förderung von Gas und Öl. So sei es eigentlich sinnlos, überhaupt noch nach neuen Vorkommen zu suchen, da wir das meiste der bereits bekannten, im Boden lagernden Quellen, ohnehin nicht mehr fördern dürfen. Das Budget ist diesbezüglich längst ausgereizt.

Historisches Highlight
Rahmstorf merkte noch an, dass das, was die Weltgemeinschaft in Paris beschlossen hat, insbesondere bemerkenswert ist, da alle Staaten durchaus gewusst haben, worum es geht, nämlich um die Transformation unseres Energiesystems. Es war und sei damit unumstritten, wie sehr unsere Zukunft von uns selbst abhinge. Deshalb müssten die Klimaziele auch konsequent umgesetzt werden.

Auch stellte er heraus, dass reiche Industriestaaten wie wir, eine größere Verantwortung, Stichwort Klimagerechtigkeit, haben. Wenngleich er auch einräumte, dass sich die erhöhten Anteile an Treibhausgasen noch über 10tausende Jahre in der Atmosphäre halten werden und auch ein Stopp der Emissionen eine Erwärmung und ein Ansteigen der Meeresspiegel nicht anhalten, sondern lediglich abbremsen lassen werde.

Fazit
Ein Vortrag, der ungeschminkt aufklärt, die Verhältnisse klar rückt und keinen Zweifel an der dringlichen Notwendigkeit des Umbaus unseres Energiesystems lässt.

Hintergrund
Seit 1996 ist Stefan Rahmstorf am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung als Wissenschaftler tätigt, seit 2000 lehrt er als Professor im Fach Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Davor arbeitete er unter anderem am New Zealand Oceanographic Institute sowie am Institut für Meereskunde in Kiel. In den Jahren 2004 bis 2013 war er Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen, der die Bundesregierung als unabhängiges Gremium berät. Er war zudem einer der Leitautoren des 4. Berichts des Weltklimarats (IPCC).

Quelle

Der Bericht wurde von der Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (Mattias Hüttmann) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Matthias Hüttmann weiterverbreitet werden! | SONNENENERGIE 03/2020 Das Inhaltsverzeichnis zum Download!

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren