© hectorgalarza pixabay.com
© hectorgalarza pixabay.com

EU-Mercosur-Leak: Greenpeace veröffentlicht bisher geheimes Assoziierungsabkommen

Abkommen versagt bei Klima- und Umweltschutz - Greenpeace fordert Aus für den Klimakiller-Pakt

Wien/Hamburg - Greenpeace Deutschland veröffentlichte gestern den bislang geheimen Vertragstext zum EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen, den die EU und die Mercosur-Staaten nach rund 20 Jahren am 18. Juni abgeschlossen haben. Das Dokument zeigt die eklatanten Mängel des Abkommens in Bezug auf Klima- und Umweltschutz, Demokratie und Transparenz. So beinhalten die Texte zu Klima- und Umweltschutz nur unverbindliche Absichtserklärungen wie etwa ein Begrüßen der Pariser Klimaziele. Das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen sieht nicht vor, dass Verstöße gegen Klima- und Umweltschutzvereinbarungen sanktioniert werden können. Greenpeace kritisiert zudem die jahrelange Intransparenz rund um das EU-Mercosur-Abkommen. Die Umweltschutzorganisation fordert ein vollständiges Aus für den klimaschädlichen Pakt in jeglicher Form.

“Während Profit- und Handelsinteressen beinhart unter Androhung von Sanktionsmechanismen geschützt werden, widmen die Vertragstexte den Themen Klima- und Umweltschutz lediglich einige schön klingende Worthülsen. Das ist Handelspolitik wie aus dem letzten Jahrhundert und kommt einem Verrat an den Klimazielen von Paris und dem vollmundig verkündeten Green Deal der Europäischen Kommission gleich”, sagt Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace in Österreich. Und weiter: “Es ist ein demokratiepolitischer Skandal, dass hier über Jahrzehnte hinter verschlossenen Türen ein Abkommen ausgehandelt wurde, das Klima- und Umweltschutz mit Füßen tritt. Offensichtlich haben die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten nichts aus der öffentlichen Kritik an der Intransparenz bei CETA und TTIP gelernt.”

Bei dem bisher unter Verschluss gehaltenen Assoziierungsabkommen handelt es sich um den übergeordneten Vertrag des EU-Mercosur-Abkommens. Der Handelspakt, der in Teilen voriges Jahr öffentlich und in Folge stark diskutiert wurde, ist nur ein Teil davon. Die Inhalte des Assoziierungsabkommens sind jedoch entscheidend, um das Handelsabkommen als Gesamtes abschließend bewerten zu können. Das gilt insbesondere für den Bereich Umwelt- und Klimaschutz, zumal es allein im Kapitel “Handel und nachhaltige Entwicklung” im Handelsabkommen ganze 11 Textstellen gibt, die Bezug auf das Assoziierungsabkommen nehmen.

Im Assoziierungsabkommen sind Klima- und Umweltschutz nicht als “essential element” - also wesentlicher Bestandteil - festgeschrieben und damit nicht sanktionierbar. Ein Verstoß gegen ein “essential element” durch eine Vertragspartei berechtigt die andere Partei zu sofortigen Maßnahmen, wie etwa das Abkommen teilweise oder vollständig auszusetzen. Umwelt- und Klimaschutz kommen im Text zwar zur Sprache, es bleibt aber bei bloßen Absichtserklärungen. So wird etwa das Pariser Klimaschutzabkommen lediglich begrüßt. “Klima- und Umweltschutz zu einem essential element zu machen und somit Sanktionen gegen Verstöße zu ermöglichen, wäre nur der erste Schritt in einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die notwendig wären, um internationalen Handel auf faire, zukunftsfähige und umweltfreundliche Beine zu stellen. Dass die für Handel zuständige Generaldirektion der Europäischen Kommission nicht einmal zu diesem ersten Schritt bereit ist, ist entlarvend”, sagt Theissing-Matei. Auch im Handelsteil des EU-Mercosur-Abkommens - das dem Assoziierungsabkommen untergeordnet ist und das in Teilen 2019 öffentlich wurde - wurde ausgerechnet das Kapitel “Handel und Nachhaltige Entwicklung”, welches die Bereiche Klima- und Umweltschutz umfasst, von Sanktionsmöglichkeiten ausgenommen.

Auch in Hinblick auf demokratische Prozesse wirft das Assoziierungsabkommen ernste Bedenken auf. So werden durch das Assoziierungsabkommen Gremien-Strukturen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern geschaffen, die relevante Teile des EU-Mercosur-Abkommens ändern können. Dabei ist nicht festgelegt, ob nochmals das Europäische Parlament oder nationale Parlamente befasst werden müssen. Es ist daher denkbar, dass mit dem EU-Mercosur-Abkommen Teile der zukünftigen (Handels-)Beziehungen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten der demokratisch legitimierten Kontrolle der Parlamente entzogen werden. Nicht zuletzt zeigt die jahrelange Intransparenz rund um das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen ein weiteres Mal, dass die vollmundigen Aussagen der Europäischen Kommission, “die EU sei der transparenteste Verhandler auf der Welt” nicht der Realität entsprechen.

“Die veröffentlichten Texte verdeutlichen ein weiteres Mal, dass der EU-Mercosur-Pakt irreparabel ist. Der verstärkte Handel mit Agrargütern aus Südamerika würde die Zerstörung von wertvollen Wäldern anheizen. Das EU-Mercosur-Abkommen darf in keiner Form abgeschlossen werden”, fordert Theissing-Matei.

- Der Text des EU-Mercosur-Assoziierungsabkommens ist via trade-leaks.org abrufbar.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /