©  Parlamentsdirektion  Thomas Topf / Sitzung im Parlament
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Klimaschutz ist allen Parteien wichtig... aber?

Klimavolksbegehren im Nationalrat: Anerkennung von Klimaschutz durch alle Parteien, unterschiedliche Auffassungen in der Umsetzung

Wien - Das Klimavolksbegehren erreichte 380.590 gültige Unterschriften. Gestern wurde in Erster Lesung im Nationalrat darüber debattiert. Zu den Forderungen des Volksbegehrens gehören unter anderem die Verankerung des Klimaschutzes in der Verfassung, ein verbindlicher Reduktionspfad für CO2-Emissionen, die Einrichtung eines Klimarechnungshofs, eine ökosoziale Steuerreform und ein vollständiger Abbau klimaschädlicher Subventionen. Außerdem sollen neue Gesetze und Verordnungen von einer unabhängigen Stelle auf ihre Klimaverträglichkeit geprüft werden. Die Bereitstellung zusätzlicher Budgetmittel für umweltfreundliche Mobilität und nachhaltige Energiegewinnung sowie die Belohnung klimafreundlichen Handelns sind ein weiteres Anliegen.

Im Detail zeigten sich die stark entgegengesetzten Auffassungen der Parteien. Die Forderungen des Volksbegehrens werden in einem nächsten Schritt im Umweltausschuss diskutiert.

ÖVP: Klima-Volksbegehren ist Verpflichtung für Politik und UnterstützerInnen

ÖVP-Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager etonte neben dem Auftrag an die Politik auch die notwendige Selbstverpflichtung aller UnterstützerInnen: "Klimaschutz lässt sich nicht delegieren. Das heißt, jeder muss für sich auch seinen Teil leisten und tätig werden." Er verwies auf den Stellenwert des Klimaschutzes im Budgetentwurf und nannte die Klimamilliarde und das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz als Beispiel. Österreich sei in der Lage, 50% seines Gasverbrauchs mit Biogas abzudecken. Dadurch könne man bei der Importabhängigkeit und im Zuge der Methanstrategie der Europäischen Kommission positiv aussteigen. Am Stromleitungsausbau werde stark gearbeitet, auch bei der Schiene gibt es zusätzliche Mittel für den Ausbau. Es gebe auch die wachsende Bereitschaft in der Gesellschaft, tätig zu werden und sich klimaneutral zu verhalten, etwa mit Solarkraftwerken an Eigenheimen oder in Form von Genossenschaften sowie bei der vermehrten Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Mahnend äußerte er sich zu lokalen Protesten gegen den Ausbau von Leitungen, Windkraft oder Wasserkraft: "Man muss auch Neues zulassen können. Nach dem Florianiprinzip wird es nicht funktionieren." Schmuckenschlager war der Meinung, man solle neue Straßenprojekte nicht als "das Böse" behandeln, fließender Verkehr mit intelligenten Verkehrsleitsystemen könne viel CO2 einsparen, z.B die Marchfeldschnellstraße und der Lobautunnel.

SPÖ erhebt Forderung nach einem "sozial gerechten Klimaschutz

"Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt", zitierte die SPÖ-Abgeordnete Julia Herr (SPÖ) den Dichter Erich Fried. Sie wies auf die drastischen bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels hin. Es gehe auch um Arbeitsplätze und Versorgungssicherheit. Die Schäden der Klimakrise würden für Österreich eine Milliarde Euro pro Jahr an Kosten verursachen. Die Verantwortung sah Herr bei den "Reichsten zehn Prozent", bezahlen müssten dafür Geringverdiener mehr als Besserverdienende. Das Klimavolksbegehren greife diese Frage auf. Sie versprach, dass die SPÖ die Forderungen ernst nehmen werde.

FPÖ warnt vor "ideologischen Kompontenten"

Die "grundsätzlichen Standpunkte der Freiheitlichen Partei" legte Abgeordneter Axel Kassegger dar. Die Diskussion sei "dogmatisch" und "von Angst geprägt". Die Forderung, den Klimaschutz verfassungsmäßig zu verankern ist seiner Meinung nach überschießend. Dies habe "Auswirkungen auf den Wirtschafts- und Industriestandort". Die FPÖ stehe für eine "soziale und freie Marktwirtschaft", während das Klimavolksbegehren Eingriffe in diese fordere: "Wenn klimaschädliches Verhalten bestraft wird, kombiniert mit Umverteilung, da spielen wir nicht mit", betonte er den Standpunkt seiner Partei. Er sprach sich gegen ein "Rauflizitieren der Klimaziele" auf europäischer Ebene aus. Dies sei ein Rucksack, den die Wirtschaft zu tragen habe, die deutsche Automobilindustrie sei dadurch in Gefahr, obwohl diese zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beitrage.

Lukas Hammer: Beratung im Umweltausschuss "in Öffentlichkeit" und mit ExpertInnen

Seinem Vorredner entgegnete der Obmann des Umweltausschusses, Grün-Abgeordneter Lukas Hammer. Es gehe nicht um Ideologie, sondern darum, dass die Erde bewohnbar bleibe. Die türkis-grüne Koalition habe sich dem Ziel verschrieben, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen, durch garantierte Finanzierung der Energiewende, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, ein Energieeffizienzgesetz, sowie durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen. Im Umweltausschuss werde man sich detailliert mit den Forderungen des Klimavolksbegehrens befassen, die Beratungen sollen "in Öffentlichkeit" geführt und ExpterInnen mit einbezogen werden.

NEOS: Für klimaneutrale Zukunft gemeinsam mit der Wirtschaft

Volksbegehren hätten in der Einschätzung durch die Bevölkerung "keinen sehr hohen Stellenwert", stellte Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS) fest. Daher sei es wichtig, "im Hohen Haus" mehr aus diesen zu machen, und zwar "Zukunftsvorhaben in Gesetzesform". Unternehmen und Industrie dürften nicht gegen das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung ausgespielt werden. Es sei leichter, die Zukunft mit der Wirtschaft als gegen diese zu gestalten. Gelingt dieses, so werde man in 20 Jahren eine andere Mobilität als heute haben, Produkte würden anders verpackt und produziert, die Industrie werde noch erfolgreicher sein mit neuesten Technologien. Er forderte, bestehende umweltschädliche Subventionen in der Höhe von 4,7 Mrd. Euro nicht mehr weiter zu finanzieren. Zudem solle CO2-Ausstoß nach dem Verursacherprinzip bepreist werden, um einen Anreiz zu schaffen.

Lob und Kritik für klimapolitische Regierungsvorhaben

In der weiteren Debatte unterstrichen die RednerInnen die bereits vorgebrachten Positionen ihrer jeweiligen Parteien. So forderte ÖVP-Abgeordneter Joachim Schnabel ein Zusammenspiel der Energiewende mit bäuerlicher Lebensmittelversorgung und verwies auf die kommunale Ebene, auf der bereits viel passiere. Priorität für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in ländlichen Regionen forderte SPÖ-Abgeordneter Andreas Kollross. FPÖ-Abgeordneter Peter Schmiedlechner warnte vor dem Ausbau der Atomenergie und einer "Klimadiktatur", sowie vor einer Einschränkung der Demokratie im Namen des Klimaschutzes. Die Grüne Abgeordnete Astrid Rössler rief dazu auf, die "positive Stimmung für den Klimaschutz" als Aufbruchsstimmung zu werten und lobte die Berücksichtigung zahlreicher Anliegen des Klimavolksbegehrens ins Regierungsprogramm. Dass den benötigten Mitteln für den Klimaschutz die Ausgaben für ein "marodes Pensionssystem" gegenüberstünden, brachte NEOS-Abgeordneter Yannick Shetty in die Debatte ein. Robert Laimer und Cornelia Ecker (beide SPÖ) appellierten an die Regierung, die Anliegen des Volksbegehrens ernst zu nehmen und Österreichs Beitrag zum Klimaschutz zu erfüllen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /