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Michael E. Mann | www.michaelmann.net

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Michael Mann: „Jetzt oder nie“

Auf der Internet-Plattform „CleanTechnica“ erschien am 8. Oktober unter dem Titel „Michael Mann Sets The Record Straight — It’s Now Or Never“ ein Artikel von Steve Hanley, der sich mit einem Auftritt des renommierten Klimaforschers Michael E. Mann in einer Fernsehsendung auf CBS auseinandersetzt.

Michael Mann ist Direktor des Zentrums für Erdsystemwissenschaften an der Penn-State-Universität, er hat mehr als 200 wissenschaftlich begutachtete Arbeiten veröffentlicht. Am bekanntesten ist er wohl für eine Präsentation aus dem Jahr 1999, in der er den „Hockeyschläger“ vorstellte, eine Grafik, die zeigt, wie das erwärmende Klima mit dem Beginn der industriellen Revolution zusammenhängt. Mann erschien am 4. Oktober in einer einstündigen CBS-Fernsehsendung, in der er dem unter anderem betonte, dass der wissenschaftliche Konsens dem vom Menschen verursachten Klimawandels betreffend etwa gleich groß wie der bezüglich der Schwerkraft sei. Mann reagierte damit auf eine Behauptung von Präsident Donald Trump, Wissenschaftler wüssten gar nicht, ob es denn einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den jüngsten Waldbränden an der US-Westküste gäbe. Wortwörtlich sagte er: „Der Präsident weiß es nicht, sollte es aber besser wissen“.

Dank eines Berichts des Columbia Journalism Review hatte Michael Mann für die Zuschauer der Sendung sogar eine sehr gute Nachricht parat. So konnte er berichten, dass es in den letzten Jahren „einen dramatischen Wandel im Verständnis [der Wissenschaftler]“ bezüglich des Klimasystems gegeben habe. Denn neueste Forschungsergebnisse würden darauf hindeuten, dass eine Reduzierung der Kohlenstoffdioxidemissionen in nur 3 bis 5 Jahren zu einem damit korrespondierenden Rückgang der globalen Durchschnittstemperaturen führen könnte. Bislang ging die wissenschaftliche Gemeinschaft stets davon aus, dass es bei einem abrupten Stopp aller Treibhausgas-Emissionen 30 bis 50 Jahre dauern würde, bis eine Abkühlung einsetzen würde.

Das wäre die gute Nachricht. Aber der Rest der Geschichte sei, dass die Weltgemeinschaft, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden, genau jetzt damit beginnen müsse, die CO2-Emissionen zu reduzieren. In einem Interview mit dem Guardian sagte Mann erst am 2. Oktober: „Wenn wir die immer katastrophaleren Auswirkungen des Klimawandels abwenden wollen, müssen wir die Erwärmung auf weniger als anderthalb Grad Celsius begrenzen. Weitere vier Jahre von dem, was wir unter Trump erlebt haben, nämlich die Umwelt- und Energiepolitik den Verursachern zu überlassen und die von der vorherigen Regierung eingeführten Schutzvorkehrungen abzubauen … würden dies im Wesentlichen unmöglich machen“.

„Wow!“, werden jetzt einige Leute sagen. „Das ist ja eine sehr deutliche politische Aussage, welche die bevorstehende Wahl beeinflussen soll.“ Mann bekannte sich zu dieser Kritik, fügte aber hinzu: „Es ist eine politische Erklärung, denn sie spricht die Notwendigkeit an, politische Maßnahmen zum Umgang mit dem Klimawandel zu ergreifen. Es ist aber keineswegs parteiisch zu sagen, dass wir in dieser Krise handeln sollten.“ Er wies dabei auf den IPCC-Bericht von 2018 hin, der deutlich fordert, die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 50% zu reduzieren, um einen katastrophalen Zusammenbruch des Klimas zu vermeiden, der die Erde für Menschen und Millionen anderer Arten unbewohnbar machen könnte.

Auch betonte er, dass die vergangenen zwei Jahre vergeudet wurden, vor allem da die Vereinigten Staaten beschlossen hatten, sich aus allen Programmen für abgestimmte Maßnahmen zurück zu ziehen und ihre Führungsrolle in der Weltgemeinschaft aufzugeben. Der Präsident und seine Schergen hätten in der Zeit mehr Bohrungen, mehr Methanaustritte, mehr Quecksilber-Emissionen bei Wärmekraftwerken, mehr Blei im Trinkwasser und mehr Auspuffemissionen von Fahrzeugen gefördert. Wenn man dazu aktuell vernehmen könne, dass ExxonMobil tatsächlich plane, seine CO2-Emissionen in den nächsten 5 Jahren drastisch zu erhöhen, dann so Mann, frage man sich schon, weshalb sind diese Menschen nicht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gefängnis säßen!

„Jetzt ist die notwendige Reduktion noch viel steiler“, erzählte Mann dem Guardian. „Es sind nicht mehr fünf Prozent pro Jahr über die nächsten 10 Jahre, sondern eher siebeneinhalb Prozent.“ Die Zahlen würden dadurch immer unrealistischer und herausfordernder, wenn man Trump weitere vier Jahre als Präsident ermögliche. „Vier weitere Jahre relativer Untätigkeit mit einer einhergehenden Stagnation bei den Emissionen würden bedeuten, dass die Emissionsreduktionen in vier Jahren näher an 15% pro Jahr lägen“. Und das könnte, wenn auch nicht physikalisch ausgeschlossen, so doch gesellschaftlich unmöglich sein. Bei der Geschwindigkeit, mit der wir uns von einer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Infrastruktur wegbewegen, wäre es möglicherweise wirtschaftlich nicht möglich und sozial nicht tragbar, dies schnell genug zu erreichen.

Im Gegensatz dazu setzt sich der aktuelle US-Vizepräsident Mike Pence auch im Wahlkampf unerbittlich für den Erhalt der amerikanischen Energieinfrastruktur in ihrer jetzigen Form ein. Dabei bleibt er jede Antwort schuldig, wie man letztendlich mit dem katastrophalen Schaden umgehen werde, der entstehen würde, sollten die USA ihren „Drill, Baby, Drill“-Wahnsinn fortsetzen. Pence behauptet vielmehr, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu massiven Arbeitsplatzverlusten führen würde, obwohl es Anzeichen dafür gibt, dass Investitionen in Erneuerbare Energien weit mehr Arbeitsplätze schaffen werden, als wenn man Geld in dasselbe alte „Rattenloch“ der fossilen Brennstoffe schüttet.

Es ist deutlich: Die Republikanische Partei ist eine Gefangene der fossilen Brennstoffindustrie. Sie tut, was ihr aufgetragen wird, und sagt, was sie sagen soll. Solange die Konzerne den Status von „Großbürgern“ haben, die den politischen Prozess mit massiven Injektionen von Wahlkampfgeldern überschwemmen können, wird sich wenig ändern. Leider sind es unsere Kinder, diejenigen, die nicht wählen können, die die Grausamkeiten erleiden werden, die eine solche ölgetränkte Politik mit sich bringen wird.

Im Januar erscheint das neue Buch von Michael E. Mann „How to Win the New Climate War“ in den USA. Im Vorfeld dieses Buches hatten wir ja bereits im April einen kurzen Text veröffentlicht, den wir hier übersetzt hatten.

Wie schon der Vorgänger „The Madhouse Effect“ (auf Deutsch hier bei der DGS erschienen) wird auch dieses Buch von Matthias Hüttmann und Herbert Eppel auf Deutsch übersetzt und vertrieben werden!

Diese Information ist brandaktuell, zu dem genauen Erscheinungsdatum gibt es deshalb noch keine Angaben. Bei Interesse können Sie sich aber bereits jetzt an die Autoren/Herausgeber wenden und sich (unverbindlich) vormerken lassen.

Quelle

CleanTechnica „Michael Mann Sets The Record Straight — It’s Now Or Never“ / Steve Hanley | Eine Übersetzung von Matthias Hüttmann / DGS 2020

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