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EEG-Entwurf bedroht auch Stecker-Solar-Geräte

Die Verbraucherzentrale NRW hat ein Kurzgutachten zur Rechtssituation von Stecker-Solar-Geräten im aktuellen und geplanten EEG veröffentlicht.

Darin wird aufgezeigt, dass einige der im EEG-Entwurf vorgesehenen Änderungen für diese sogenannten Photovoltaik-Balkonmodule diskriminierend und europarechtlich unzulässig sind. Zudem würden sie die Arbeit der Solarverbände, Normungsgremien und Netzbetreiber in den vergangenen Jahren konterkarieren.

© pv-magazine.de | Entnommen aus dem Rechtsgutachten „EEG-Anforderungen an Steckersolargeräte unter Berücksichtigung des EEG 2017 und des Entwurfs zum EEG 2021“ | Zum Vergrößern bitte anklicken.

Stecker-Solar-Geräte haben sich zu einem Verkaufsschlager und einem stark wachsenden Produktsegment in der Photovoltaik entwickelt. Die Strom erzeugenden Haushaltsgeräte bestehen meist aus einem Solarmodul mit Wechselrichter und lassen sich per Stecker an normale Stromkreise im Haushalt anschließen. Damit haben auch Mieter und Wohnungseigentümer eine einfache Möglichkeit, ihren eigenen Strom zu produzieren und sich an der Energiewende zu beteiligen. Erst vor zwei Jahren wurden die technischen Regeln so weit vereinfacht, dass die Stecker-Solar-Geräte rechtssicher genutzt werden können.

Allerdings gerät nun mit dem Entwurf für das EEG-Novelle 2021 diese Rechtssicherheit wieder in Gefahr. Das befürchtet jedenfalls die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW) aufgrund eines aktuellen Kurzgutachtens der Rechtsanwälte Nümann+Siebert. In dem sechsseitigen Papier analysiert der Rechtsanwalt Peter Nümann die Rechtslage für Stecker-Solar-Geräte im bisher gültigen EEG aus dem Jahr 2017 und berücksichtigt die geplanten Änderungen im von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf, der derzeit im Bundestag und Bundesrat beraten wird. Dabei macht Nümann auch Vorschläge für sinnvolle Korrekturen.

Einige vorgesehene EEG-Regelungen hält der Anwalt für Diskriminierungen der Eigenverbraucher und damit europarechtlich unzulässig. „Der Regierungsentwurf sieht bei Eigenversorgung nur zwei Möglichkeiten vor, nämlich einen vollständigen technischen Ausschluss der Einspeisung auch nur geringer Überschüsse (‘Nulleinspeisung‘) oder eine Einspeisung dieser Überschüsse gegen Vergütung. Ersteres erfordert aufwändige Installationen am Netzanschluss, was der Idee des Stecker-Solar-Geräts zuwiderläuft. Wird die Einspeisung aber nicht verhindert, sieht der Entwurf den Einbau eines teuren intelligenten Messsystems vor und zwar auch, wenn auf die Einspeisevergütung verzichtet wird.“ Bei Modulen ohne Förderanspruch fehle sogar die Bagatellgrenze von einem Kilowatt im Gesetzestext. „Das führt dazu, dass Stecker-Solar-Nutzer ein solches Messsystem mit mindestens 60 Euro Jahreskosten einbauen lassen müssten, wenn sie diese Anforderungen nicht einfach ignorieren“, erklärt Nümann. Neuer Streit mit Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und zusätzlicher Ärger mit Vermieter oder Wohnungseigentümergemeinschaft sei damit vorprogrammiert.

Auch die Einführung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch nach Ablauf des EEG-Förderzeitraums schaffe Probleme. Wer Ü20-Module als Stecker-Solar-Gerät einsetzt, müsste einen Erzeugungszähler zwischen Gerät und Steckdose installieren. Das ist technisch gar nicht möglich. Die Heranziehung solcher Anlagen zur EEG-Umlage verstößt nach Nümanns Einschätzung ohnehin  ab dem 1. Juli 2021 gegen EU-Recht.

Thomas Seltmann, Referent Photovoltaik bei der Verbraucherzentrale NRW, zeigt sich über das Ergebnis verärgert: „Wenn die geplante Regelung ohne Änderungen käme, würde der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums die erfolgreiche Markteinführung dieses innovativen Produktsegments und die Arbeit der letzten Jahre von Solarverbänden, den Normungsgremien von DIN, VDE und FNN zu diesem Thema mit einem Federstrich ad absurdum führen, ebenso wie die Bemühungen von  bundesweit inzwischen mehr als 200 Netzbetreibern, die Anmeldung der kleinen Photovoltaik-Systeme stark zu vereinfachen.“

Ein Lichtblick

Einziger Lichtblick, den Nümann im EEG-Entwurf gefunden hat, sei das Entfallen der technischen Vorgaben für Anlagen bis einem Kilowatt Leistung und die Abschaffung der „70-Prozent-Regel“, was den Betreibern von Stecker-Solar-Geräten die konfliktfreie Nutzung und sogar die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung für Überschussstrom erleichtern würde.

Im Auftrag des DIN-Verbraucherrats arbeitet Thomas Seltmann selbst in einem Normungsarbeitskreis des DKE/VDE, der zurzeit eine Produktnorm für diese Geräte entwickelt. Vor Jahren war er außerdem Mitinitiator der bundesweit aktiven Arbeitsgruppe PVplug bei der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und betreut bei der Verbraucherzentrale NRW die erfolgreiche Kampagne für Stecker-Solar-Geräte. In diesem Rahmen hatte sich kürzlich auch die nordrhein-westfälische Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser begeistert davon gezeigt, dass endlich auch Mieter und Wohnungsnutzer selbst kostengünstig Solarstrom gewinnen könnten. Dies entspricht auch dem Wunsch und Rechtsrahmen der Europäischen Union, erklärt Seltmann und verweist auf Beschlüsse des Europäischen Parlamentes und die inzwischen in Kraft getretenen neuen Richtlinien und Verordnungen zum Strommarkt.

Die vollständige Stellungnahme „EEG-Anforderungen an Steckersolargeräte unter Berücksichtigung des EEG 2017 und des Entwurfs zum EEG 2021“ kann auf der Internetseite der Verbraucherzentrale NRW kostenlos heruntergeladen werden.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „pv-magazine“ (Sandra Enkhardt) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Sandra Enkhardt 2020 weiterverbreitet werden!  Mehr Artikel von Sandra Enkhardt | „pv magazine“ 03/2020 | Online bestellen!

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