Kommunen müssen E-Mobilität planen

Elektroauto beim Laden an einer LadesäuleFoto: Petair / stock.adobe.com
Kommunen müssen sich frühzeitig mit dem Bedarf an Ladesäulen auseinandersetzen.
Die Elektromobilität kommt voran. Damit wird sich der Bedarf an Ladesäulen in den Kommunen erhöhen. Städte und Gemeinden sollten frühzeitig den Ausbau planen.

Im vergangenen Jahr hat das Bundesverkehrsministerium Kommunen ab 5000 Einwohner zum Thema E-Mobilität befragen las­sen. Koordiniert hat das die NOW GmbH, die im Auftrag des Bundes auch über dieses Thema informiert und als Projektträgerin für Förderprogramme fungiert.

Wie die Befragung ergab, war bis zum letzten Jahr rund die Hälfte der Kommunen mit zumindest einem geplanten Projekt im Bereich E-Mobilität aktiv geworden. Rund 90 Prozent dieser bereits aktiven Kommunen haben laut NOW das Thema Ladeinfrastruktur aufgegriffen. Dieses stelle damit das prominenteste Handlungsfeld dar. „Bedenk­lich ist dabei allerdings, dass 59 Prozent dieser Kommunen die Ladeinfrastruktur ohne Konzept errichten”, so die Expe­r­t*innen für E-Mobilität. Es sei also davon auszugehen, dass Aspekte wie eine flächendeckende Versorgung, der Bedarf zur Dimensionierung, und die Frage, welche Ladeleistung an eventuellen Stand­orten benötigt wird, nicht adres­siert würden. „Mit einer solchen Vorgehensweise kann kaum vermieden werden, dass Mittel ineffektiv und ineffi­zient eingesetzt werden, was sich letztlich negativ auf die Wahrnehmung der Elektromobilität in der Kommune auswirkt und bestehende Vorurteile zementiert”, bilanziert NOW.

E-Mobilität im Spannungsfeld

Für Kommunen ist es jedoch auch nicht so leicht, diesen Anforderungen ge­recht zu werden. Denn die E-Mobilität bewegt sich in einem gewis­sen Spannungsfeld. Einerseits ist es im Interesse der Stadtplanerinnen, die Installation von Ladesäulen im kommunalen Raum – möglicherweise auch unter stadtästhetischen Gesichtspunkten – zu ko­ordinieren. Andererseits unterliegt deren Aufbau auch einer Reihe wirt­schaft­li­cher und technischer Faktoren. Lange warten können sie nicht mehr. Gerade in den vergangenen zwei Jah­ren ist ein deutlich wachsendes Interes­se an Elektrofahrzeugen zu verzeich­nen.

Beim Bundesamt für Wirt­schaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wur­den seit Jahresbeginn bis ein­schließ­lich Juli 69.606 Anträge für eine E-Auto-Prämie gestellt. Im Vergleich zum Vorjahr bedeute dies, so das BAFA, eine Stei­ge­rung um 78,6 Prozent. Und dies verwundert nicht. Denn aufgrund der Prämie sind vergleichbare E-Autos schon in der Anschaffung günstiger als das fossile Pendant. So kostet Kundin­nen zum Beispiel ein VW Up als Benziner schon in der Basis­variante mehr als die besser ausgestat­tete E-Variante dieses Modells. Abhän­gig auch von der Verfügbarkeit der Fahr­zeuge ist ein deutliches Wachstum daher wahrscheinlich.

Dies hängt aber auch von den Ladeoptionen ab. Die NOW GmbH geht zwar davon aus, dass E-Mobilfahrerinnen im privaten Umfeld, also zuhause oder am Arbeitsplatz, ihre Fahrzeuge la­den. Insofern könnte die öffentliche Ladein­fra­struk­tur quan­ti­tativ eine nur sekundäre Rolle spielen. Dabei beruft sich NOW jedoch auf einen Status­be­richt der Nationalen Plattform Elektromobilität aus dem Jahr 2015. Und seit jenem Jahr ist die Entwicklung von Fahrzeugen tatsächlich deutlich vorangeschritten. Insbesondere sind die Fahrzeuge – u.a. durch entsprechende Angebote der Unternehmen – für viele Käuferinnengruppen erschwinglicher geworden. Da­von haben aber längst nicht alle ein Eigenheim und sind daher auf öffent­liche Ladestellen angewiesen.

Kommerzielle Angebote

Bei wachsendem Bedarf ist mit einem kommerziellen Angebot zu rechnen – auch ohne ak­ti­ves Mitwirken von Kommunen. So bauen beispielsweise Le­bens­­mittel-Discounter eigene Ladestationen. Allein Aldi Süd plant 1500 neue Ladestationen auf den Park­plät­zen sei­ner Supermärkte. Dabei will Aldi an Filialen in der Nähe von Autobahnen oder in größeren Städten vorrangig Schnell­ladesäulen errichten.

Da Discount-Einzelhändler aber in den meisten Kommunen nicht an jeder Straßenecke zu finden sind, werden Kommunen um eine steuernde Planung von Ladepunkten für E-Mobilität nicht herum­kom­men. Dies betrifft die zentralen Stellen in den Gemeinden, aber auch eine Reihe von Ortsteilen. Dieser Aufgabe haben sich einzelne Städte bereits angenommen. So hat die Stadt Essen das gesamte Stadtgebiet in ein Raster von 200 mal 200 Meter eingeteilt. In jeder dieser Flächen räumt die Stadt maximal einem Betreiber von Ladesäulen ein auf zehn Jahre befristetes Sondernutzungsrecht für den öffentlichen Raum ein.

Die Stadt Hannover hat ein gänzlich anderes Modell gewählt und eine Konzession für das gesamte Stadtgebiet ausgeschrieben. Dieses ging an die ener­city AG, ein kommunales Energieversorgungs- und Dienstleistungsunternehmen, an dem auch die Stadt Hannover beteiligt ist. Das Unternehmen hatte sich in einem Ausschreibungsverfahren durchgesetzt – dabei war es offenbar das einzige, das auf eine Kostenbeteiligung der Stadt verzichtete. enercity muss nun bis Ende 2020 in Hannover 480 Ladepunkte errichten, die an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden zugänglich sind.

Dabei sollen die Ladepunkte für E-Mobilität bevorzugt auf halb-öffent­li­chem Gelände stehen. Falls dies im näheren Umfeld nicht möglich ist, hat die Stadt zugesagt, ein Sondernut­zungs­recht für den öffentlichen Raum zu erteilen. In jedem Stadtbezirk sollen zwei und mög­lichst in jedem Stadtteil eine Ladestation stehen. Im Vertrag mit der Kommune sind auch bereits die anfänglichen Preise für das Laden geregelt.

Eingriff in Märkte

Jedoch kann eine Stadt den Markt nicht im Sinne eines Betreibers abschotten – dies wäre wohl auch nicht im Interesse der Kunden. Im halb-öffentlichen Raum, also zum Beispiel auf Parkplätzen von Unternehmen oder Wohnungsbaugesellschaften, kann der Betrieb von Ladestellen kaum verwehrt werden. Hier wird die Installation von Ladein­frastruk­tur sogar inzwischen teils ge­setzlich vorgeschrieben. Aber zum Beispiel kann einem besonders groß angelegten Be­trieb von Schnellladestationen in einem reinen Wohngebiet durchaus das Bau­recht entgegenstehen.

Kein Weg geht an den Kommunen vorbei, wenn es darum geht, im öffentlichen Raum – auf Straßen und Plätzen – Ladeinfrastruktur für E-Mobilität aufzubauen. Da Flächen generell knapp sind, sollten auch Ladestellen in eine integrierte Stadtplanung miteinbezogen werden. So konkurrieren die Park- bzw. Lade­plätze, die für E-Autos vorgesehen sind, beispielsweise mit verbesserten Abstellflächen für Fahrräder.

Systematisch planen

Städte und Gemeinden, die Ladeinfrastruktur systematisch planen wollen, sollten zunächst eine Bedarfsplanung für ihre jeweiligen Quartiere vorneh­men. In diese können das Wissen um die Struktur in einem Quartier und Annahmen zum Zuwachs an E-Fahrzeugen einfließen. Sehr wichtig ist aber auch die im Stromnetz verfügbare Leistung. Es bringt nichts, wenn ein auf den ersten Blick optimaler Standort für sogar mehrere Ladestellen entwickelt wird, aber mit sehr hohem Auf­wand eine neue Stromleitung verlegt werden müsste. Der Netzbetreiber sollte daher von Beginn an in die Planungen miteinbe­zo­gen werden.

Empfehlenswert ist es auch, die Bürgerinnen frühzeitig an einem Konzept für die Ladeinfrastruktur zu beteiligen. So hören die Stadtplanerinnen und Netzbetreiber nicht nur, wo ein Bedarf formuliert wird. Sie erfahren auf diesem Weg auch eher, wo unabhängig von ihnen Ladestellen im nicht- oder halb-öffentlichen Bereich installiert werden sollen.

Bei einer folgenden Ausschreibung von Konzessionen bzw. Sondernut­zungs­­rechten kann eine Kommune so auch leichter Anforderungen formu­lie­ren, die im Interesse ihrer Bür­ger*in­nen sind. Diese können Sicherheitsas­pekte und auch bestimmte Gestal­tungs­vor­gaben für Ladestellen im öf­f­ent­lichen Raum umfassen.

24.11.2020 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 10/2020 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!

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