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Depositphotos.com | vencav | Solaranlage Wiese

© Depositphotos.com | vencav | Mit einem guten naturschutzfachlichen Entwicklungskonzept können die zuvor häufig intensiv genutzten oder versiegelten Flächen ökologisch erheblich aufgewertet werden.

Umweltstandard für Solarparks

Der Flächenverbrauch für Photovoltaik-Freiflächenanlagen ist durchaus mit Naturschutz und Biodiversität in Einklang zu bringen. Doch ein Selbstläufer ist das nicht. Es braucht Standards, damit solche Anlagen ein Gütesiegel tragen können.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat ein Projekt initiiert, das den ökologischen Mehrwert von PV-Freiflächenanlagen ermitteln und eine standardisierte Anwendung für verschiedene Projekte ermöglichen soll. Um solch einen Mehrwert zu erreichen, müssen die Betreiber die Anlagen nach bestimmten Kriterien errichten und pflegen. Das Projekt EULE hat im Oktober letzten Jahres einen Meilenstein erreicht, nun geht es in die nächste Runde. Die Abkürzung EULE steht dabei für Evaluierungssystem für eine umweltfreundliche und landschaftsverträgliche Energiewende.

Aktuell werden im Rahmen von Umweltprüfungen für neue Anlagen lediglich negative Auswirkungen ermittelt und Kompensationsmaßnahmen definiert. Wenn aber die Energiewende im Einklang mit Natur und Landschaft erfolgen soll, braucht es die Potentiale, die zu einer Verbesserung des Zustandes der Artenvielfalt beitragen können. Diesem Anliegen hat sich das Projekt EULE verschrieben.

Ausgangspunkt war 2012 eine Bachelorarbeit von Andreas Engl an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Er hat darin ein Konzept und Bewertungssystem zur ökologischen Integration Erneuerbarer Energien entwickelt und im Solarfeld Oberndorf angewendet. Auf der Fläche neben den Solarmodulen wurden Streuobstwiesen, Hecken, Feuchtgebiete, Nistkästen, Trockenmauern und ein Weiher angelegt. Heute leben auf der ehemaligen Lehmgrube hunderte Tier und Pflanzenarten, aber auch viele Vogelarten, Wildbienenarten und Insekten.

So wundert es auch nicht, dass die DBU als Projektpartner neben der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf die Regionalwerke Bodenkirchen beauftragt hat. Deren Geschäftsführer ist Andreas Engl, Ideengeber und engagierter Wegbereiter für eine erneuerbare und ökologisch nachhaltige Energieversorgung. Mit im Boot sind außerdem das Landschaftsplanungsunternehmen Prof. Schaller UmweltConsult und die Energieerzeugergemeinschaft Bayern.

Die Projektpartner realisierten in der ersten Phase ein Auditsystem zur Bewertung des ökologischen Mehrwerts. Im Kontext des Landschaftsraums sowie nach standortspezifischen Vorgaben ermittelt EULE ein optimales Entwicklungskonzept für solare Freiflächenparks. Das ermöglicht nach Meinung von DBU-Generalsekretär Alexander Bonde eine sinnvolle doppelte Flächennutzung. Die Anlagenbetreiber erhalten hierfür einen Katalog an ökologischen Aufwertungsmaßnahmen. In regelmäßigen Abständen erfolgen anschließend Auditierungen. Diese zeigten, wie sich die Artenvielfalt auf dem entstehenden Solarfeld-Biotop entwickelt.

Energieproduktion, die Natur und Landschaft schützt

„Wir konnten bereits während der Projektlaufzeit feststellen, dass mit Hilfe von EULE die notwendige Akzeptanz für den weiteren Ausbau der dezentralen Energiewende in der Bevölkerung erreicht wird“, erläutert Engl. Stromkunden erhalten mit Hilfe von EULE erstmals einen Einblick in die Betriebsführung erneuerbarer Energieanlagen und die Gewissheit, dass Natur und Landschaft trotz der Energieproduktion geschützt werden. Gleichzeitig können die Energieproduzenten eine höhere Produktqualität – ein umfassend ökologisches und regionales und Mehreinnahmen Qualitätsprodukt – vermarkten. „Wenn sich beide Seiten freuen und auch die stark bedrohte Artenvielfalt profitiert, dann kann das EULE-Konzept nur sinnvoll sein“, fasst Engl zusammen.

Das entwickelte Auditsystem bewertet den jeweiligen ökologischen Ist-Zustand und bietet einen standortspezifischen Maßnahmenkatalog, um den Ist-Zustand gezielt zu verbessern. Jeder Maßnahme ist eine Punktewertung zugordnet. Die Gesamtpunktzahl macht Aussagen über den ökologischen Mehrwert. Auch soziale Maßnahmen fließen ein, wie beispielsweise Führungen und Informationsangebote.

Die Vernetzung der Energieerzeuger und -verbraucher soll dabei digital erfolgen. Eine eigene EULE-Plattform ermöglicht die Ablage und Analyse vorhandener räumlicher und technischer Daten, um sie für Auditoren, Anlagenbetreiber und Energieversorger mit individuellen Zugriffsrechten zur Verfügung zu stellen. Dafür wurde bereits eine Software-Architektur geschaffen. Der Prototyp enthält ein Geoinformationssystem, das raumbezogene Daten effizient verwaltet und veranschaulicht.

EULE als bundesweiter Standard denkbar

EULE will sich als Zertifizierungsstandard etablieren, mit dem die Produktqualität erneuerbar produzierter Strommengen hinsichtlich ökologischer und sozialer Kriterien bewertet und bepreist wird. Damit dies deutschlandweit gelingt, erfolgt in Projektphase 2 eine Evaluation der bisherigen Ergebnisse für eine bundesweite Übertragbarkeit. Zudem geht es darum, mögliche Organisationsstrukturen sowie Vermarktungsmöglichkeiten zu entwickeln und die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells zu überprüfen.

Das Auditsystem soll einen Wettbewerbsvorteil vor allem in puncto Glaubwürdigkeit bei den Verbrauchern sichern. EULE-gekennzeichnete Strommengen sollen Einzug in den deutschen Stromhandel halten. Anliegen und Ziel ist die Auditierung von dezentralen Energieerzeugungsanlagen in Deutschland in Verbindung mit der Stärkung von Artenvielfalt, naturnahen Lebensräumen und der Landschaftsqualität, damit eine im umfassenden Sinn nachhaltige, umwelt- und sozialgerechte Energiewende gelingen kann.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (pf) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 29 / 2019 | „Urbane Energiewende“ |  Jetzt lesen | Download

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