© Nationalparkinstitut
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S1 Wiener Außenring Schnellstraße (Lobau-Tunnel): Naturschutzbehördliche Bewilligungen rechtswidrig?

„Alliance For Nature“ legt Beschwerden gegen Bescheide ein: „Ein abgekartetes Spiel?“

Die Bezirkshauptmannschaften Bruck an der Leitha und Gänserndorf haben dem 2. Verwirklichungsabschnitt der S1 Wiener Außenring Schnellstraße (mit dem Lobau-Tunnel unter dem Donaustrombett und dem Wiener Teil des Nationalparks Donau-Auen) naturschutzbehördliche Bewilligungsbescheide ausgestellt (siehe Anhang), wogegen die Landschaftsschutzorganisation „Alliance For Nature“ nun Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben hat (siehe Anhang).

Bemerkenswert ist, dass beide Bescheide relativ kurz gefasst sind und am selben Tag (19.02.2021) ausgestellt wurden. „Liegt hier ein abgekartetes Spiel vor?“, fragt sich Alliance-Generalsekretär Christian Schuhböck: „Will man mit einer derart fragwürdigen Vorgangsweise dem umstrittenen Lobau-Tunnel möglichst rasch zum Durchbruch verhelfen?“

Bauvorhaben gesetzesrechtswidrig

In ihren Beschwerden führt „Alliance For Nature“ aus, dass das Vorhaben der S1 Wiener Außenring Schnellstraße

· gegen das Wiener National­parkgesetz,

· gegen das NÖ Nationalparkgesetz

· und gegen die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich und Wien zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Donau-Auen verstößt

· sowie den Zielsetzungen des Europaschutzgebietes Donau-Auen samt den damit verbundenen EU-Richtlinien (Vogelschutz-Richtlinie [VSch-RL], Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie [FFH-RL], Wasserrahmen-Richtlinie) zuwiderläuft.

Unionsrechtswidriges Verfahren

Darüber hinaus sieht „Alliance For Nature“ in den Bewilligungsverfahren unionsrechtswidriges Vorgehen, da

das gesamte Vorhaben „S1 Wiener Außenring Schnellstraße Schwechat – Süßenbrunn“ nicht in zwei Verwirklichungsabschnitte geteilt – und
die materienrechtlichen Teile nicht aus dem UVP-Verfahren herausgelöst
hätten werden dürfen.

Denn es ist unmöglich, die Wechselwirkungen zwischen den normierten UVP-relevanten Faktoren zu bewerten, wenn einzelne dieser Faktoren von vornherein aus dem Verfahren ausgeklammert werden – wie im UVP-Verfahren und den gegenständlichen naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren der Bezirkshauptmannschaften Bruck an der Leitha und Gänserndorf.

Prüfung durch den EuGH

„Alliance For Nature“ hat deshalb beantragt, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen zu lassen, ob diese Vorgangsweise (Herauslösen der naturschutzfachlichen Faktoren aus dem UVP-Verfahren und Durchführung separater Naturschutzverfahren) mit den Bestimmungen der europäischen UVP-RL, der FFH-RL und der VSch-RL sowie dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt vereinbar ist.

Darüber hinaus soll vom EuGH geprüft werden, ob die „S1 Wiener Außenring Schnellstraße“ aufgrund des Vorkommens des äußerst seltenen Einhorn-Trüffelkäfers (Bolbelasmus unicornis) in den vom Bauvorhaben betroffenen FFH-Gebieten „Nationalpark Donau-Auen (Wiener Teil)” und „Donau-Auen östlich von Wien” (Niederösterreich) überhaupt genehmigungsfähig ist.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /