© KBVÖ / Biogasanlage
© KBVÖ / Biogasanlage

Plattform "Pro Ökostrom & Biowärme" kämpft für Fortbestand der Bioenergieanlagen

Bioenergie-Produzenten: Transparente auf Anlagen - Mahnwache geplant

Der Schicksalstag der 37 steirischen Bioenergieanlagenbetreiber (Österreich: 288 Anlagen) rückt näher. Umso größer wird auch der Widerstand gegen ein Aus der effizienten Bioenergie-Anlagen, die aus Grünland, Pflanzen und Grünschnitt Ökostrom, Biowärme und fast geruchlosen Dünger herstellen. "Seite an Seite mit der immer größer werdenden Bürgermeisterinitiative - mit ihr solidarisieren sich bereits mehr als 100 österreichische Ortschefs - kämpft jetzt auch die neu formierte gleichnamige Plattform 'Pro Ökostrom und Biowärme' für den Fortbestand der Bioenergieanlagen", sagt deren Begründer, der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher. Der Plattform gehören das weltweit erfolgreiche weststeirische Unternehmen SFL-Technologies, Bioenergy 2020+ der Technischen Universität Graz sowie das Österreichische Bundesheer an, das ebenfalls von der Ökostrom- und Biowärmeproduktion im Fliegerhorst Zeltweg profitiert.

Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf

"Wir wollen nicht, dass es zu diesem Willkürakt kommt. Denn wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf", bringt es Titschenbacher auf den Punkt. "Die großen Verlierer sind die Ökostrom- und Ökowärmebezieher in ganz Österreich, weil ihre Heizungen kalt bleiben und noch mehr riskante und klimaschädliche Energie importiert werden muss. Weiters bleiben hunderte Gemeinden auf Bergen von Grünschnitt sitzen, sodass das weitgehend gelöste Thema Geruch in den Regionen wieder aufflammen wird. Zu den Verlierern gehören auch viele Gewerbetreibende im ländlichen Raum", mahnt der Kammerpräsident. Die Biogasanlagen-Betreiber, die allein in der Steiermark jährlich 15 Mio. Euro investieren (Österreich: 110 Mio. Euro) und 600 Arbeitsplätze sichern (Österreich: 3.500 Jobs), werden morgen Mittwoch und am Gründdonnerstag auf ihren Anlagen an vielbefahrenen Straßen die Transparente "Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf" anbringen, um die Bevölkerung wachzurütteln. Und am 23. April organisieren die Anlagenbetreiber und ihre Mitstreiter eine Mahnwache. Gleichzeitig finden weitere Gespräche mit politisch Verantwortlichen statt.

Ökostrom- und Ökowärme werden rund um die Uhr verlässlich und sicher hergestellt

Die regionalen Biogasanlagen erzeugen rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr verlässlich, sicheren und klimafreundlichen Ökostrom und regionale Ökowärme. Sie sind unverzichtbare Lieferanten von erneuerbaren Strom und -wärme, wenn andere Erneuerbare jahreszeitenbedingt die Stromerzeugung zurückfahren müssen. Die 37 steirischen Biogasanlagen versorgen 30.000 Haushalte mit grünem Strom (Österreich: 160.000 Haushalte) und Tausende Haushalte, Schulen, Kindergärten, Pensionistenheime, Sportzentren u.a. mit regionaler Ökowärme. So ist es möglich, jährlich allein in der Steiermark 6 Mio. Liter Heizöl (Österreich: 40 Mio. l) und 86.000 t klimaverschlechterndes Kohlendioxid (Österreich: 620.000 t) einzusparen.

"Es ist mutwillig und völlig unsinnig, effiziente und klimaschonende Bioenergieanlagen mit Doppelnutzung für Ökostrom und -wärme zusperren zu müssen, um dann wieder klimaschädliche fossile Anlagen zur Wärmeversorgung zu installieren", wehrt sich Johannes Hauptmann, Sprecher der steirischen Biogasanlagenbetreiber gegen ein Aus. Die steirischen und österreichischen Bioenergieanlagenbetreiber haben insgesamt dreistellige Millionenbeträge im Vertrauen auf die von der Politik zugesagten Fortführung der effizienten Bioenergieanlagen investiert. Und allein die sieben Biogasanlagen im Raum Mureck bringen jährlich gleich viel Geld wie 110.000 Nächtigungen in dieser Region. Mit einem immer wieder gezielt kolportierten Vorurteil räumt Hauptmann auf: "Auf der Stromrechnung macht sich Biogas-Ökostrom mit 1,80 Euro pro Monat bemerkbar. Das ist nicht einmal die Hälfte dessen, was ein Krügerl Bier im Gasthof kostet. Das sollte uns ein gutes Gewissen wert sein."

Franz Handler, Sprecher der steirischen Bürgermeisterinitiative "Pro Ökostrom und Biowärme". "Ich freue mich, dass sich mit unserer Initiative bundesweit bereits mehr als 100 Bürgermeister solidarisieren. Neben der steirischen Petition haben sie Briefe an die politischen Verantwortlichen für den Fortbestand der Bioenergieanlagen geschrieben. Für die Fremdenverkehrsgemeinde Bad Blumau wäre ein Zusperren der örtlichen Biogasanlage eine Katastrophe - sie versorgt über das öffentliche Netz nicht nur 1.200 Haushalte mit Ökostrom, sondern auch 20 Wohnungen, acht Einfamilienhäuser, die Volksschule, das Sportzentrum, das Pensionistenheim mit spezieller Betreuung von Alzheimerpatienten, die Feuerwehr und ein Autohaus mit Ökowärme. Ihre Heizkörper werden dann kalt bleiben. Außerdem können wir so unseren Grünschnitt von den Parkanlagen sinnvoll verwerten."

Oberst Christian Fiedler, Österreichisches Bundesheer: "Jährlich verwerten wir im Fliegerhorst Zeltweg ökologisch bis zu 6.000 t Grünschnitt in der Biogasanlage ohne Belastung des öffentlichen Verkehrs. Ein Aus dieser Anlage bedeutet, dass 1.000 LKWs mit einer Nutzlast von 5 t diesen Grünschnitt abtransportieren müssten, was eine LKW Kolonne von acht Kilometern ergibt. Die Biogasanlage erzeugt 24 Stunden pro Tag und 365 Tage Ökowärme, die in der kalten Jahreszeit die Gebäude des Fliegerhorstes Zeltweg Hinterstoisser beheizt und in der warmen Jahreszeit wird Warmwasser aufbereitet. Außerdem werden die 215 ha Grünland des Fliegerhorstes in absoluter Kreislaufwirtschaft und nur mit fast geruchlosem Naturdünger gedüngt."

Dr. Walter Haslinger, Bioenergy 2020+, Technische Universität Graz: Müssen die Bioenergie-Anlagen zusperren, die Ökostrom und Biowärme erzeugen, werden wertvolle Infrastruktur (Anlagen, Maschinen, usw.) und Vermögen vernichtet. "Die weitgehend ersatzlose Streichung der Ökostromförderung für Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in Österreich vernichtet wertvolle Infrastrukturen. Das ist ein unglaublicher Rückschritt in der österreichischen Klimapolitik und stellt auch den gesetzten Forschungsstandort Österreich in Frage." Und weiter: "Wo, wenn nicht im eigenen Land sollen in Zukunft innovative Technologien eingeführt und erstmalig erprobt werden? Wenn die Rahmenbedingungen dafür fehlen, werden Industrie und Forschung zwangsläufig abwandern und das in Österreich erworbene Knowhow geht für unser Land für immer verloren!"

Dr. Mario J. Müller, Leiter Forschung und Entwicklung, des international erfolgreichen weststeirischen Unternehmens SFL technologies: "SFL setzt auf nachhaltige Zukunftstechnologien, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Bioenergie, im besonderen Biogas, zählt neben Dünn-/Energieglas und der e-mobilen Plattform ELI zu den ausgewiesenen drei Top-Technologien der SFL. Unser Ziel ist es, bestehende Biogas-Anlagen mit der Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme noch effizienter zu machen. SFL kooperiert zu Forschungs- und Entwicklungszwecken mit steirischen Anlagenbetreibern im Bezirk Mureck. Mit unserem patentierten Verfahren können wir die Wirkungsgrade bestehender Anlagen steigern und eine neue Generation von Bioenergieanlagen begründen. Als international tätiges Unternehmen, das seine Energietechnologien weltweit platziert, ist der Forschungsstandort Steiermark entscheidend. Mit unseren Bioenergie-/Biogastechnologien erwarten wir uns von der Steiermark aus Zugang zum europäischen Markt, insbesondere in Deutschland, wo 9.000 Biogasanlagen stehen."



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /