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Rückversicherung für Klimasünder soll erschwert werden

Europäische Versicherungsunternehmen versprechen, ihre Portfolios künftig mit Klimaschutzauflagen zu belegen. Die Versicherung von Kohlekraftwerken würde damit schwierig. Klimaschützer sehen aber bereits Nachbesserungsbedarf.

16.07.2021 – Das Divestment klimaschädlicher und fossiler Geschäfte ist ein großer Hebel im Kampf gegen die Klimakrise. Solange Konzerne sich auf Finanzierung und Rückversicherung ihrer fossilen Geschäfte verlassen können, lohnen sich diese auch weiterhin.

Die Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) will diesen Geschäften in Zukunft einen Riegel vorschieben. Das Netto-Null-Netzwerk wurde am Rande des G20-Gipfels in Venedig ins Leben gerufen und soll die Zusammenarbeit zwischen führenden Regierungen und Unternehmen stärken, um die Risiken des Klimawandels zu mindern. Acht große europäische Versicherer und Rückversicherer haben nun angekündigt, gemeinsame Richtlinien für einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu verfolgen.

In der Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) haben sich die Mitglieder dazu verpflichtet, ihre Versicherungs-Portfolios bis 2050 „unterm Strich“ frei von Treibhausgas-Emissionen zu machen. Das Bündnis hatte sich im Frühjahr 2021 gegründet, die Initiative ging von der französischen AXA aus, die Allianz und die Münchner Rück aus Deutschland, Zurich und Swiss Re aus der Schweiz, die britische Aviva, der französische Rückversicherer Scor sowie die italienische Generali sind mit dabei.

Die Allianz ist auch Unterzeichner der UN Principles for Sustainable Insurance (PSI) und hat den Vorsitz in der Net-Zero Asset Owner Alliance, einer Initiative im Investment-Bereich, die im Jahr 2019 unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gegründet wurde.

Klimaziele und Anleger machen mehr Druck

Die meisten Mitglieder der NZIA haben sich nicht zuletzt auch auf Druck von Investoren bereits eigene Vorgaben gesetzt. Die Versicherung von Kohlekraftwerken oder -geschäften soll demnach erschwert werden. Kapitalanlagen sollen in Zukunft immer auch nach Klimaschutz-Kriterien ausgerichtet werden.

Die Versicherbarkeit von Unternehmen oder deren Anlagen solle in Zukunft letztlich daran geknüpft werden, ob diese glaubwürdige Strategien für den Übergang in eine treibhausgasfreie Welt ernsthaft verfolgen und umsetzen, berichtete der UN-Sondergesandte für Klimaschutz.

Faktor Zeit

Bis zum Jahr 2050 will die EU klimaneutral sein – was laut Weltklimarat für das 1,5-Grad-Ziel ohnehin weltweit notwendig ist. 2050 dürfte es demnach kaum noch ein Unternehmen geben, das den Kriterien der Versicherer nicht entspricht. Die Zeit der Umsetzung ist der entscheidende Faktor. Die Mitglieder wollen sich daher jährliche Zwischenziele setzen und über die Fortschritte berichten. Eine Überprüfung und entsprechende Aktualisierung soll im Fünf-Jahre-Rhythmus stattfinden.

Klimaschützer fordern mehr

Umwelt-, Menschenrechts- und Klimaschutz-Organisationen wie die NGO urgewald, die seit vielen Jahren bei Banken und Versicherungskonzernen mehr Klimaschutz einfordern und deren Politik transparent machen, bleiben skeptisch und fordern mehr – etwa Policen für Treibhausgas-Emittenten kategorisch auszuschließen. Etwa bei Gas- oder auch Öl-Projekten bleibt das Tor für Investments offen.

Die Hälfte der acht Mitglieder der NZIA – Axa, Allianz, Munich Re sowie Zurich gehörten international zu den zehn wichtigsten Schadens- und Unfallversicherern im Öl- und Gasbereich, kommentiert Regine Richter von der Organisation urgewald. „Sie müssen sich verpflichten, keine neuen Öl- und Gasprojekte abzusichern, und das so schnell wie möglich, wenn ihre Klimaambitionen ernst genommen werden sollen.“

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Die NZIA-Verpflichtungserklärung mache einmal mehr deutlich, dass der wirkliche Einfluss von Versicherern in dem liege, was sie versichern und was nicht, kommentierte Angelina Dobler von der Schweizer Kampagnenorganisation Campax. Denn auch wenn sich noch die Finanzierung für ein fossiles Geschäfte findet, werde das Risiko ohne Rückversicherung zu hoch.

Frustrierende Faktenlage – mehr Tempo machen

Ein Blick in die Datenbank der Global Coal Exit List (GCEL) von 2020, die weltweit umfassendste Liste von Unternehmen, die entlang der Wertschöpfungskette für Kraftwerkskohle tätig sind, zeigt die Dimension und Dringlichkeit. Obwohl die Kohleverbrennung um 11 Prozent pro Jahr schrumpfen muss, um das Ziel von 1,5 Grad Celsius globaler Erwärmung in Reichweite zu halten, hatten 2020 weniger als 25 Unternehmen auf der Liste einen Kohleausstiegsplan. Nun müssten fossile Konzerne zeitnah Absagen bekommen, hofft urgewald, denn die Zeit läuft.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (na) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 30 / 2021 | „Power for Future – Die Zukunft der Energieerzeugung“ |  Jetzt lesen | Download

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