HusumWind 2021: Richter entscheiden über neuen Windboom im Norden

Publikum bei der Eröffnungsveranstaltung der HusumWind 2021Foto: Ralf Köpke
Gut besuchte Eröffnungsveranstaltung der HusumWind 2021
Mit der traditionsreichen HusumWind lief in der vorigen Woche eine der größten Energiemessen dieses Corona-Jahres. Für Gesprächsstoff sorgten neben dem leicht anziehenden deutschen Windenergie-Markt unter anderem die neuen schleswig-holsteinischen Regionalpläne.

Die Organisatoren haben sich gefreut: Zum traditionellen Familientreffen der Windbranche konnte die Husumer Messegesellschaft in diesem Jahr immerhin knapp 390 Aussteller und etwa 8500 Besucher zur HusumWind 2021 begrüßen. „Diese Resonanz hat unsere Erwartungen unter den gegebenen Corona-Umständen übertroffen“, resümierte Messechef Klaus Liermann über eine der wohl größten Präsenzveranstaltungen der Energiewirtschaft in diesem Jahr.

Im Vergleich dazu fiel die Bewertung der Windbranche verhaltener aus. „Wir haben den Tiefpunkt durchschritten“, betonte der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Hermann Albers, auf der Auftaktveranstaltung. Bis Ende des Jahres werde es bundesweit einen Zubau der Windkraft an Land von voraussichtlich 2400 Megawatt geben. Notwendig für das Errichten der nationalen Klimaziele bis 2030, und darin sind sich alle Energie- und Klimaexperten einig, seien aber 5000 MW und mehr. Um diese Größenordnung zu erreichen, brauche es aber Genehmigungen von jährlich 7000 MW, heißt es in dem von der Windbranche während der Messetage vorgestellten „Husumer Appell“.

Alle wollen Genehmigungszeiten verkürzen

Ob und wann sich diese Zielmarken wieder erreichen lassen (Zur Erinnerung: Im Jahr 2017 gab es einen Bruttozubau von 5333 MW), hängt nach Albers Worten vor allem vom Ausgang der Bundestagswahl ab. Derzeit überbieten sich fast alle Parteien, die ausgeuferten Genehmigungsfristen für neue Windturbinen deutlich reduzieren zu wollen. Olaf Scholz und Armin Laschet beispielsweise, Spitzenkandidaten von SPD und Union, hatten beide zuletzt mehrmals von einer nur sechsmonatigen Genehmigungszeit statt sechs bis acht Jahren wie heute gesprochen. „Ob es letztlich acht Monate oder ein Jahr werden, damit können wir leben“, sagte der BWE-Präsident, „Hauptsache das Tempo zieht endlich wieder an.“

Dass für das Erreichen der nationalen Klimaziele bis 2030 ein massiver Ausbau der Wind- und Solarenergie unverzichtbar ist, darin sind sich der BWE und Jan Philipp Albrecht einig. „Schleswig-Holstein ist hierfür mit den zwei Prozent der Landesfläche in der neuen Regionalplanung Wind sehr gut aufgestellt“, erklärte der Kieler Energiewendeminister bei der offiziellen Eröffnungsfeier. Andere Bundesländer müssten auf jeden Fall nachbessern. Albrecht hält eine stärkere Koordinierung und langfristige Zielsetzungen auf Bundesebene für dringend geboten: „Ein Bundesbedarfsplan für erneuerbare Energien würde zu mehr Planungssicherheit und Transparenz führen.“

Klagen gegen Regionalpläne

Wie während der Windmesse bekannt wurde, ist in Schleswig-Holstein aber auch nicht alles Gold was glänzt. Gegen die neuen Regionalpläne sind bereits 21 Normenkontrollklagen beim zuständigen Oberverwaltungsgericht in Schleswig eingereicht worden. Diese Klagen kommen nicht von ausgewiesenen Windkraftgegnern, sondern von Unternehmen aus der Windbranche, Kommunen und Privatpersonen. Sie monieren unter anderem die zu starren Abstandsregeln: Das in Kiel regierende Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP hatte sich im 2017 geschlossenen Koalitionsvertrag auf eine Erhöhung des Mindestabstand für neue Fläche von 800 auf 1000 Metern zu Wohnsiedlungen verständigt.

Sollten die OVG-Richter den Klägern Recht geben, droht wie 2015 erneut ein Moratorium für den weiteren Windkraftausbau im hohen Norden. Vor gut sechs Jahren hat das Oberverwaltungsgericht in Schleswig die damaligen Flächenausweisungen als unzulässig gekippt, was in den Folgejahren den Windausbau in Schleswig-Holstein hatte einbrechen lassen. Erst in diesem Jahr stieg dank der neuen Regionalpläne die Zahl der Genehmigungen deutlich an. Bis zum Start der „HusumWind“ lag das Go für rund 700 MW Windkraftleistung vor. Wenn die Windbranche Pech hat, könnte es sich bei einem negativen OVG-Beschluss nur um ein Zwischenhoch handeln.

20.9.2021 | Autor: Ralf Köpke
© Solarthemen Media GmbH

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