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Klima-Geschäfte mit E-Autos

Wer ein Batterieauto hat, kann dessen CO2-Ersparnis seit Jahresanfang zu Geld machen – zum Nutzen der Mineralölkonzerne, die stetig mehr Treibhausgase einsparen müssen. Ob das am Ende den Klimaschutz im Land voranbringt, ist eher zu bezweifeln.

Zumindest für Plug-in-Hybride – die großen Verbrenner-Autos, denen Elektromotoren und extern aufladbare Batterien verpasst wurden – neigen sich die schönen Zeiten langsam dem Ende zu. Seit Jahresanfang müssen Käufer, die für ihren Hybrid den Umweltbonus kassieren wollen, nachweisen, dass ihr Fahrzeug maximal 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt oder 60 Kilometer rein elektrisch fahren kann.

Das Umweltbundesamt zweifelt ohnehin daran, dass die teure Förderung der Hybrid-Autos überhaupt dem Klima nützt. Da ist es nur logisch, dass den Hybriden ein weiterer Bonus verwehrt bleibt, über den sich seit Jahresanfang Halter rein batteriebetriebener E-Fahrzeuge freuen können: Sie dürfen die CO2-Menge, die ihr E-Auto gegenüber einem Verbrenner einspart, in Emissionszertifikate umwandeln und diese an Interessenten verkaufen, die damit ihre Klimaschutzpflichten erfüllen.

Möglich macht dies das 2021 beschlossene Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgas-Minderungsquote, kurz THG-Quote. Erfüllen müssen diese Quote Unternehmen, die hierzulande Kraft- und Treibstoffe buchstäblich in den Verkehr bringen.

Die vorgeschriebene gesetzliche Quote stieg dabei zum Jahreswechsel von sechs auf sieben Prozent. In dem Maße müssen dieses Jahr, verglichen mit dem Basisjahr 2015, die Treibhausgasemissionen aus den vom jeweiligen Unternehmen verkauften Kraftstoffen sinken.

Um die Sieben-Prozent-Quote zu erfüllen, müssen die Mineralölkonzerne 2022 nach Angaben des Bundesumweltministeriums insgesamt 15,3 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Dafür steht der Branche eine Vielzahl von Wegen offen.

Sie können – wie bisher – Biokraftstoffe fossilem Diesel oder Benzin beimischen. Sie können aber auch mehr Biomethan einsetzen oder gleich grünen Wasserstoff oder E-Fuels. Die so erzielten CO2-Einsparungen dürfen sich die Kraftstoffhersteller doppelt zur Erfüllung ihrer Quote anrechnen.

Ladestrom wird sogar dreifach angerechnet

Besonders attraktiv macht das THG-Quoten-Gesetz den Ladestrom für Elektroautos. Errichten die Konzerne, die ja auch über Tankstellennetze verfügen, an ihren Stationen eigene E-Ladesäulen, können sie sich die durch den verkauften Strom erzielte CO2-Ersparnis ebenfalls anrechnen lassen – und das sogar dreifach.

Das gilt auch für Strom, der in öffentlichen Ladesäulen getankt wird. An den kommen die Kraftstoffhersteller heran, indem sie den Betreibern die CO2-Einsparung als Zertifikat abkaufen.

Meist tanken deutsche E-Autos allerdings nicht an öffentlichen, sondern an privaten Ladesäulen, oft einfach an der heimischen Steckdose. Den daraus resultierenden Klimaeffekt können seit Jahresbeginn nunmehr auch die privaten E-Lader an Unternehmen verkaufen, die die THG-Quote zu erfüllen haben.

In der Praxis ist das nicht ganz einfach. Schließlich können viele Heim-E-Lader gar nicht genau sagen, wie viel ihr Stromauto so getankt hat. Im Unterschied zu öffentlich geförderten Ladesäulen gibt es an der heimischen Steckdose auch keine Pflicht, Ökostrom ins E-Auto fließen zu lassen.

Der Gesetzgeber behilft sich da mit pauschalen Annahmen. Die durchs private Laden eingesparten Treibhausgase werden ermittelt, indem die Emissionen des durchschnittlichen fossilen europäischen Kraftstoffmixes mit den Emissionen verrechnet werden, die das Fahren mit deutschem Strom verursacht, erläutert das Umweltministerium auf Nachfrage

Jedes E-Auto spart per Gesetz 335 Kilo CO2 im Jahr ein

Für 2022 gilt dabei ein Emissionsfaktor von 94,1 Gramm CO2 für fossile Kraftstoffe und von 47,6 Gramm für den deutschen Strommix, jeweils für einen Energiegehalt von einem Megajoule. Weil Elektromotoren effizienter als Verbrennungsmotoren arbeiten, liegt dabei der für E-Autos mit 47,6 Gramm pro Megajoule angenommene Strom-Faktor um 60 Prozent niedriger als der Emissionsfaktor des deutschen Stroms selbst.

Dieser betrug 2020 vergleichsweise etwa 366 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Für Freunde des Nachrechnens: Eine Kilowattstunde sind etwa 3,6 Megajoule.

Für den Gesetzgeber sparen E-Autos auf diese Weise pro Megajoule getankter Energie also pauschal 46,5 Gramm CO2 ein, verglichen mit einem Verbrenner. Um auf die Jahreseinsparung zu kommen, muss die Gramm-Einsparung noch mit der durchschnittlichen Menge an Strom multipliziert werden, die ein E-Auto an „nicht öffentlichen Ladepunkten im Jahr bezieht“, teilt das Ministerium mit. Da gelte für 2022 ein Schätzwert von 7.200 Megajoule oder eben 2.000 Kilowattstunden.

Die reale CO2-Einsparung, die sich dadurch für ein E-Auto in diesem Jahr ergibt, beziffert die Behörde auf rund 335 Kilogramm.

Diese CO2-Menge kann sich nun jeder private E-Autohalter gutschreiben zu lassen – egal, wie viele Kilometer er wirklich mit dem E-Auto gefahren ist. Es genügt, den Zulassungsschein des rein elektrisch betriebenen Fahrzeugs behördlich vorzulegen.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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