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Als Bürger handeln, nicht als Verbraucher

Klimaökonomie: Maßnahmen der Politik verändern Sichtweisen der Leute

Ein Forschungsteam unter Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) beschreibt in einer Studie, wie Klimapolitik gestaltet werden sollte, wenn die Menschen ihre Sichtweisen tatsächlich verändern. Die Präferenzen der Menschen seien beweglicher, als in den Lehrbüchern der Wirtschaftswissenschaften oft angenommen werde, sagen die Studienautoren und raten der Politik, die sich ändernden Präferenzen zu berücksichtigen, wenn sie klimapolitische Maßnahmen wie CO2-Steuern oder den Bau einer umweltfreundlichen Infrastruktur entwerfen.

„Die Gestaltung von Klimaschutzmaßnahmen stützt sich auf ökonomische Modelle. Unsere Forschung zeigt, dass es möglich ist, solche Modelle so zu verbessern, dass sie Veränderungen in den Präferenzen der Menschen abbilden“, sagt Linus Mattauch, Hauptautor der Studie und Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und an der Universität Oxford. „Unter Präferenzen versteht man Werte und Gewohnheiten, also praktisch das, was man als Individuum mag und was nicht, wovon man lieber mehr konsumiert und wovon weniger. Die Wirtschaftswissenschaften gehen in der Regel davon aus, dass man im Grunde mit festen Werten und Präferenzen geboren wird, die das ganze Leben lang mehr oder weniger so bleiben. Das macht Berechnungen leichter – aber es ist auch ein sehr grobes Bild der Realität. Und wenn man davon ausgeht, dass die Präferenzen immer gleich bleiben, erscheinen echte Veränderungen wie den Übergang zu einer dekarbonisierten Wirtschaft, schwerer realisierbar zu sein.“

Veränderungen in den Präferenzen seien schon in der Vergangenheit zu beobachten gewesen: Als Aufklärungskampagnen die negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchens thematisiert hätten und Rauchverbote durchgesetzt worden seien, hätten immer mehr Menschen das Rauchen aufgegeben. Die Wirtschaftswissenschaft aber verstehe so etwas nur selten als eine Veränderung der Präferenzen, erklärt der Autor.

 Klimapolitik kann Sichtweise der Menschen verändern

„Die Bepreisung von CO2 ist unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen“, sagt Mitautor Nicholas Stern, der 2006 den berühmten Stern-Report über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels verfasste. „Wenn die Bepreisung von CO2 jedoch die Präferenzen der Menschen verändert – und es gibt Hinweise darauf, dass dies der Fall ist -, dann hat das Auswirkungen. Wenn die Bürger beispielsweise die CO2-Preise als eine sinnvolle Politikmaßnahme sehen, dann könnte die Reaktion auf diese Preise stärker ausfallen.“ Denn die Menschen nicht nur als Verbraucher handelten, sondern als Bürger, dann würden sie Präferenzen für klimafreundliches Verhalten entwickeln, und bei einem gegebenen Steuersatz könne mehr Umweltschutz erreicht werden, so Nicholas Stern.

„Ein weiteres Beispiel ist die Umgestaltung von Städten“, fügt Mattauch hinzu. „Wenn eine Regierung Geld in die Hand nimmt und die Infrastruktur einer Stadt fahrradfreundlicher gestaltet sowie den Nahverkehr ausbaut, werden die Leute vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad umsteigen. Dieses Verhalten nehmen sie dann quasi auch an andere Orte mit, was weitere Vorteile für die Umwelt und die eigene Gesundheit mit sich bringt. Die Berücksichtigung dieser Vorteile kann die Schwelle dafür senken, dass sich solche großen Investitionen lohnen.“

Weniger Emissionen auf der Nachfrageseite zum Nutzen des Planeten und der Menschen

Den Einwand, dass die Politik nicht auf eine Änderung der Präferenzen abzielen sollte, entkräftet Linus Mattauch: „Wenn die Gesellschaft nicht darüber debattiert, wie Präferenzen gebildet werden, besteht die Gefahr, dass sie von Interessengruppen und zu deren Gunsten geformt werden, anstatt durch demokratische Willensbildung . Es ist eine enorme Herausforderung, die Treibhausgasemissionen in naher Zukunft drastisch zu reduzieren. Da kann die Erkenntnis, dass klimapolitische Instrumente den Prozess der Präferenzbildung der Menschen verändern, zu einer besseren Klimapolitik für alle führen – und dazu beitragen, dass die jüngste Empfehlung des Weltklimarats umgesetzt wird, auf der Nachfrageseite Maßnahmen zur Eindämmung des Ausstoßes von Treibhausgasen einzusetzen“.

Quellen: 

Quelle

Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) 2022 | Der Bericht wurde von der Redaktion „SOLARIFY“ 2022 verfasst! 

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