BEE: Netzausbau-Szenarien unterschätzen Sektorenkopplung

Collage von PV-Kraftwerken, Windenergie, Wolken und StromnetztrassenFoto: gopixa / stock.adobe.com
100 Prozent erneuerbare Energien sind bis 2035 möglich und erfordern einen Ausbau der Stromnetze.
Die Stromnetze sollen fit für höhere PV- und Windstromleistungen einerseits und mehr Stromverbrauch durch Wärmepumpen und E-Autos andererseits werden. Doch Gaskraftwerke bleiben unangetastet.

Anfang Juli hat die Bundesnetzagentur den Szenariorahmen 2023-2037/2045 genehmigt. Diese dort beschriebenen Szenarien sind die Grundlage für den nächsten Netzentwicklungsplan Strom (NEP). Sie sind somit keine Ziele im eigenen Sinne. Doch da der Netzausbau wiederum entscheidend für die technischen Möglichkeiten der Energiewende ist, werden durch die Wahl der Szenarien Weichen für die Zukunft gestellt. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) äußert sowohl Lob als auch Kritik an den Netzausbau-Szenarien.

Neue Netzausbau-Szenarien gehen von höherem Stromverbrauch aus

„Die von der Bundesnetzagentur jüngst genehmigten Annahmen zur Stromnetzplanung fallen deutlich ambitionierter aus als von den Übertragungsnetzbetreibern in ihrem Entwurf vom Januar 2022 veranschlagt“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Die zugrunde gelegten Stromverbräuche seien nun höher. Das passt mit dem schnellen Ausbau von PV-Speichern, Großbatterien sowie von Sektorenkopplungstechnologien wie Wärmepumpen zusammen. Zudem geht der aktualisierte Szenariorahmen davon aus, dass mehr Wind- und Photovoltaik-Leistung intalliert wird. „Der NEP orientiert sich in den genannten Punkten damit an den Annahmen der BEE-Strommarktdesignstudie und weicht deutlich von den Langfristszenarien des früheren BMWI ab“, so Peter.

Bioenergie könnte um bis zu 65 Prozent einbrechen

Der BEE übt jedoch auch Kritik. Der Szenariorahmen vernachlässige das große Potenzial der Bioenergie. Deren Leistung werde bis 2045 deutlich sinken – je nach Szenario um bis zu 65 Prozent. Die Leistung der Erdgaskraftwerke bleibt in den angenommenen Szenarien hingegen konstant. „Das ist absurd angesichts der aktuellen Situation des Gasmangels und der daraus resultierenden Versorgungs- und Kostenkrise“, sagt Peter

Selbst wenn in den Gaskraftwerken alternative Brennstoffe eingesetzt würden, verkenne die BNetzA den Nutzen dezentraler Lösungen. Diese würden regionale Wertschöpfung stärken und die Wärmewende auf dem Land voranbringen. Auch die Geothermie und andere ‚sonstige EE‘ kämen mit veranschlagten 1 GW viel zu kurz, so Peter.

Auch die Sektorenkopplung sei in den Szenarien unterschätzt. „Die Strommarktdesignstudie des BEE hat gezeigt, dass ein massiver Leistungszubau von Wind- und Solarenergie mit mehr flexibel steuerbarer Leistung einhergehen muss. Dazu zählen die Flexibilitätsoptionen Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, Speicher, KWK oder PtX“, so Peter. Fehle diese Flexibilität, seien niedrige Marktwerte der Erneuerbaren Energien und häufigere negative Strompreise die Folge. Auf diesem Weg werde es selbst 2050 noch keine betriebswirtschaftliche Grundlage für erneuerbare Energien geben. Das bremse wiederum deren Ausbau.  

27.7.2022 | Quelle: BEE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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