© Tom Brewster Photography
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EU-Prüfer warnen: REPowerEU könnte hinter den Ambitionen zurückbleiben

Plan mit dem EU Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen rasch verringern will, dürfte in der Praxis mit bisherigen Maßnahmen schwer umzusetzen sein.

In einer vor kurzem veröffentlichten Stellungnahme warnt der Europäische Rechnungshof, dass REPowerEU – der Plan, mit dem die EU ihre Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen rasch verringern, sich im Bereich der Energieversorgung auf EU-Ebene breiter aufstellen und den ökologischen Wandel vorantreiben will – in der Praxis schwer umzusetzen sein dürfte. Der Erfolg von REPowerEU wird namentlich von einander ergänzenden Maßnahmen auf allen Ebenen und der Sicherstellung von Finanzierung in Höhe von rund 200 Milliarden Euro abhängen.

Nach der Invasion der Ukraine durch Russland beschloss der Europäische Rat, dass die EU ihre Abhängigkeit von Öl-, Gas- und Kohleeinfuhren aus Russland so schnell wie möglich beenden muss. Die Europäische Kommission legte daraufhin den REPowerEU-Plan vor, mit dem die Widerstandsfähigkeit des Energiesystems der EU gestärkt werden soll, indem dessen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert und die Energieversorgung auf EU-Ebene diversifiziert wird. Dieses Ziel soll mithilfe der Aufbau- und Resilienzfazilität erreicht werden. Maßnahmen zur Unterstützung dieses Ziels werden in die REPowerEU-Kapitel der nationalen Investitionspläne aufgenommen.

"Die Invasion der Ukraine durch Russland hat unsere Abhängigkeit von Gas-, Öl- und Kohleimporten ins Blickfeld gerückt. Die EU musste unbedingt handeln und rasch auf die gestiegenen Bedenken im Zusammenhang mit der Energieversorgungssicherheit reagieren", so Ivana Maletić, das für die Stellungnahme zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Wir sind jedoch der Ansicht, dass mit REPowerEU in seiner derzeitigen Form möglicherweise strategische Projekte der EU, die sich unmittelbar und tiefgreifend auf die Energiesicherheit und -unabhängigkeit der EU auswirken würden, nicht schnell ermittelt und umgesetzt werden können."

Zwar biete der Vorschlag einen umfassenden Überblick über den Kontext und die wichtigsten Herausforderungen, doch weisen die Prüfer auf eine Reihe von Unstimmigkeiten bei der Gestaltung von REPowerEU hin. Während das Ziel von REPowerEU auf die EU als Ganzes ausgerichtet sei, werde die Aufbau- und Resilienzfazilität durch von den EU-Ländern vorgeschlagene Maßnahmen umgesetzt. Dies stelle ein Risiko bei der strategischen Lösung künftiger Herausforderungen dar und könne dazu führen, dass Projekte von strategischer Bedeutung für die EU als Ganzes nicht durch REPowerEU finanziert würden, so die Prüfer.

Die Europäische Kommission habe geschätzt, dass für REPowerEU und insbesondere die Beendigung von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland bis 2027 zusätzliche Investitionen von 210 Milliarden Euro anfallen würden. Es seien aber insgesamt nur weitere 20 Milliarden Euro bereitgestellt worden. Die übrigen Finanzierungsquellen befänden sich außerhalb der Kontrolle der Kommission und hingen von der Bereitschaft der EU-Länder ab, die verbleibenden Darlehen der Aufbau- und Resilienzfazilität zu verwenden oder Geld aus anderen Politikbereichen, wie der Kohäsionspolitik oder der Entwicklung des ländlichen Raums, zu übertragen. Daher warnen die EU-Prüfer, dass der tatsächlich verfügbare Gesamtbetrag möglicherweise nicht ausreicht, um den geschätzten Investitionsbedarf zu decken.

Auch die geplante Zuweisung der Mittel an die EU-Staaten erweist sich laut den Prüfern als problematisch. Da die Gelder entsprechend den ursprünglich für die Aufbau- und Resilienzfazilität vorgesehenen Anteilen zugewiesen werden sollten, würden sie weder die aktuellen Herausforderungen und Ziele von REPowerEU noch den spezifischen Bedarf der EU-Länder widerspiegeln. Durch das Fehlen einer genauen Frist für die Einreichung der REPowerEU-Kapitel sei es weniger wahrscheinlich, dass grenzüberschreitende Projekte ermittelt und gefördert würden. Auch gebe es keine vergleichenden Analysen. Dies beschränke die strategische Sicht darauf, welche Projekte das höchste Potenzial hätten, zur Energieversorgungssicherheit und -unabhängigkeit der EU beizutragen.

In ihrer Stellungnahme heben die Prüfer einige weitere Mängel von REPowerEU hervor. Diese betreffen die Berichterstattung, das Monitoring und die Evaluierungen sowie die Vorlage und Bewertung der REPowerEU-Kapitel.

Hintergrundinformationen

Am 18. Mai 2022 legte die Europäische Kommission den REPowerEU-Plan vor, einen Fahrplan zur Verwirklichung eines widerstandsfähigeren Energiesystems und einer echten Energieunion durch Beendigung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, Diversifizierung der Energieversorgung auf EU-Ebene und Beschleunigung der Energiewende. Mit den im REPowerEU-Plan vorgesehenen Maßnahmen sollen diese Ambitionen durch Energieeinsparungen, eine breitere Aufstellung im Bereich der Energieversorgung, den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien zum Ersatz von fossilen Brennstoffen in den Haushalten, der Industrie und bei der Stromerzeugung sowie die Erzeugung sauberer Energie erreicht werden.

Mit der nun veröffentlichten Stellungnahme sollen das Gesamtkonzept von REPowerEU, die Angemessenheit der vorgeschlagenen Änderungen und die potenziellen Risiken bei der Umsetzung bewertet werden.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /