Raus aus Gas – Sozialbau AG, Vortrag beim Solarstammtisch von EUROSOLAR AUSTRIA

Technisch und finanziell betrachtet machbar

Direktor Ernst Bach von der Sozialbau AG hielt am 17.11.2022 beim Solarstammtisch von EUROSOLAR AUSTRIA einen Vortrag zum Thema „Raus aus Gas“.

Unter der Sozialbau AG, welche gemeinnützig ist, vereinen sich 3 Genossenschaften und rund 53.000 Haushalte. 30,1% der Mietverhältnisse dauern 40 Jahren. Umbauten betreffend Raus aus Gas sind damit im Zuge von Rückbauten von Wohnungen unmöglich. In den letzten 12 Jahren gab es nur einen Fall, bei dem ein Mieter die Umstellung auf Fernwärme wünschte. Fernwärme-Anbieter wünschen aber eine 80%ige Anschlussquote.

Photovoltaik, Wärmepumpe, Boiler, Wärmespeicher, Konvektoren

Die Sozialbau AG hat 100 Objekte betreffend Umstellung betrachtet. Gedanken machte man sich dazu seit 2015. Für die Zentralisierung der Wärmeversorgung (Fernwärme oder Wärmepumpe) sind pro Wohneinheit ¤ 3.000 bis ¤ 4.900,- im Endausbau zu veranschlagen, dies ist billiger oder genauso teuer wie der Einbau einer neuen Einzeltherme pro Wohneinheit. Die Finanzierung erfolgt bei Genossenschaften über den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (EVB).

In der Miesbachgasse erfolgte u.a. der Einsatz einer Luftwärmepumpe im Dachgeschoss. Man brauchte 6 bis 8 Monate für die Baugenehmigung. In der Waschküche wurde ein 500 Liter Pufferspeicher installiert. Die Leitungen, auch für die Wasserboiler in den Wohnungen, liegen im Kamin. Die Vorlauftemperatur bei Wärmepumpen müssen unter 40°C sein, deshalb hat man im Bestand auf den Ersatz der Heizkörper durch Konvektoren gesetzt. Der Einbau von Flächenheizungen ist im bewohnten Bestand nicht möglich.

Im 04. Wiener Bezirk erfolgte im Wohngebäudebestand eine Bauteilaktivierung über die Fassade. Allgemein schätzt Bach, dass bei 8.000 neuen Wohnungen in Wien nur 200 eine Bauteilaktivierung haben. Damit könnte man aber sowohl Heizen und im Sommer Kühlen.

Am schlechtesten Gebäude im 19. Bezirk in der Barwitzgasse zeigt man, dass Raus aus Gas technisch und finanziell machbar sind. Es erfolgt der Bau einer Photovoltaikanlage, Fassadenheizung, Umstellung der Heizkörper auf Konvektoren, Kühlung auch über die Wärmepumpe samt Speicherung von Wärme aus dem Sommer über Erdsonden. Die Errichtungskosten betragen ¤ 18.000 pro Wohneinheit versus ¤ 20.000 bis 25.000,- zur Herstellung der Wiedervermietbarkeit. Bach sprach gegen die Ausdehnung der Fernwärme in die Fläche und für den Aufbau von dezentralen Nahwärmenetzen!

In einem Pilotprojekt mit der AEE Intec im 10. Wiener Bezirk wird man vorgefertigte Fassadenmodule einsetzten. Diese müssten in Serie produziert werden, damit sich deren Einsatz rechnet. Dieses Vorhaben wird mit finanziellen Mitteln des BMK und der EU ermöglicht.

Die Sozialbau AG hat ebenfalls an Wohnobjekten Langzeitsmessungen des Verbrauchs vorgenommen. 333 Watt wurde als Grundpegel erhoben und 500 Watt mit Power-to-Heat. Gemeinschaftsphotovoltaikanlagen will man über § 16a ElWOG umsetzen. Austria Email bietet Fernwärmeboiler an, die auch mit Wärmepumpen kombiniert werden können (schließt Kühlung mit ein). Der Betreiber der Fernwärmeboiler kann über Software Algorithmen hinterlegen. Der Einbau erfolgt als erstes in der Barwitzgasse.
Für technische Informationen siehe auch hier.

Probleme

Zu den Problemen zählt die Verfügbarkeit von Wechselrichtern, von Montagezubehör von Photovoltaik-Anlagen, von Erdwärmesonden, von Wärmepumpen, von Fachkräften. Darüber hinaus dauern Baugenehmigungen zu lange. Zulassungen für Fassaden-Photovoltaikmodule fehlen.

Ein Solarstammtischbesucher informierte darüber, dass die Wiener Netze mittlerweile mindestens 10 Wochen für eine einfache Beantragung einer netzgeführten PV-Anlage benötigen. In Kärnten sind es bereits über 6 Monate. Mit der Netzzusage erhält man einen Netzzugangspunkt für die Einspeisung. Mit diesem Netzzugangspunkt kann man einen Liefervertrag bei der OeMAG beantragen. Dies würde noch einmal mindestens 3 Monate Zeit beanspruchen. Diese bürokratischen Engpässe haben nichts mit Lieferketten zu tun, sondern sind hausgemacht! Von der Beantragung einer Förderung reden wir dabei noch gar nicht. Wenn man in Summe aller Anlagen hochrechnet, die bis 2030 errichtet werden sollen und das mit Lieferzeit abgleicht, dann sind bis 2030 vielleicht ein Zehntel der geplanten Anlagen bestenfalls bewilligt.

Präsentation zum Download

Die Unterlagen finden Sie hier.


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