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Klimagipfel gerettet, Klima nicht

Unter Klimaschützern gehen die Meinungen auseinander. War der Gipfel in Sharm el-Sheikh eher ein Erfolg oder ein Misserfolg? Das hängt vor allem davon ab, ob einem das 1,5‑Grad-Ziel oder die Bewältigung der Klimaschäden wichtiger sind.

Gibt es einfache Klimagipfel? Nein. Der Klimagipfel von Sharm el-Sheikh war in besonderer Weise nicht einfach. Das deutete sich bereits lange vor seinem Beginn an. Der Ukraine-Krieg war nicht nur eine Zeitenwende für die Politik, sondern auch eine für die Energieversorgung.

Innerhalb weniger Monate endete die Verfügbarkeit von billigem Erdgas – in Europa, aber auch in der ganzen Welt, weil die Europäer jetzt auf globale Einkaufstour gingen.

Die irren Gaspreise belebten wiederum fossile Untote wie Kohle. Die nach der Pandemie anziehende Konjunktur ließ auch den Ölbedarf steigen.

Zugleich drängten Krieg und Energiekrise die Klimakrise zur Seite. Natürlich beteuerten die Regierungen und gerade die deutsche, die Energiekrise sei doch auch eine Chance, die Energiewende zu beschleunigen. Tatsächlich aber ging man erstmal auf Einkaufstour beim Gas, sodass nun eine fossile Renaissance droht.

Das machte die Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh zu einer besonders komplizierten. Das hat die ägyptische Konferenzpräsidentschaft entweder nicht interessiert oder überfordert. Das Ergebnis bleibt dasselbe. Wer erst einen Tag vor Gipfelende einen Entwurf für die Abschlusserklärung vorlegt, riskiert ein Scheitern des Treffens.

Gemessen an der Nichtvorbereitung hat der Gipfel beim Umgang mit den klimabedingten Verlusten und Schäden („Loss and Damage“) doch noch einen Knoten durchschlagen. Nach jahrelanger Hinhaltetaktik ist der Fonds dafür nun beschlossen. Darüber können sich die betroffenen Länder, die seit ewigen Zeiten auf die Klimaschäden hinweisen, zu Recht freuen – auch wenn der Fonds erstmal nur ein leerer Topf ist.

Hoch ambitioniert, wenn es um nichts mehr geht?

Klimapolitisch wichtiger wäre aber ein Erfolg beim Ausstieg aus den fossilen Energien gewesen. Wer sich über künftige Gelder zum Ausgleich für Klimaschäden freut, darf nicht übersehen, dass diese mit jedem Zehntelgrad Erwärmung noch schneller zunehmen. Geht die Erwärmung so weiter, wird kein noch so großer Fonds die Verluste und Schäden ausgleichen können, da könnte auch China so viel einzahlen, wie es wolle.

Da fragt man sich natürlich, welchen Sinn der Auftritt der 2015 beim Gipfel in Paris gegründeten „High Ambition Coalition“ kurz vor Konferenzende noch hatte. Das Bündnis von Industrie- und Entwicklungsländern forderte nicht nur eine Abschlusserklärung, die das 1,5‑Grad-Ziel am Leben erhalten sollte, sondern auch einen über die Kohle hinausgehenden Ausstieg aus allen fossilen Energien, eine Klimawende in Schifffahrt und Luftverkehr und noch vieles andere, eigentlich dringend Notwendige.

Die Phalanx der ehrgeizigen Klimaschützer tat sogar so, als wolle sie die Konferenz platzen lassen, wenn man ihre Forderungen in der Abschlusserklärung nicht berücksichtigte – am Ende war es aber nur heiße Luft. Wollten die hoch Ambitionierten lediglich zeigen, dass sie mit den Beschlüssen nicht einverstanden sind und nur zähneknirschend zustimmen? Und so verfestigt sich der Eindruck, dass auch sie es letztlich mit den 1,5 Grad nicht so ernst meinen.  

Die Zeit seit dem Gipfel in Glasgow vor einem Jahr wird als weiteres verlorenes Jahr für den Klimaschutz in die Geschichte eingehen. Der Welt bleibt noch weniger Zeit für das 1,5‑Grad-Ziel oder das, was davon zu retten ist.

Der Klimagipfel rettete sich noch irgendwie in der Verlängerung, das Klima blieb wieder mal auf der Strecke. Das ist die einfache und nicht so besondere Bilanz.

Quelle

Der Kommentar wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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