Fraunhofer ISE entwickelt Solarturmkraftwerk weiter

Im Bild der Teststand am Fraunhofer ISE, auf dem Forscher:innen das neue keramische Wärmeträgermaterial für das Solarturmkraftwerk getestet haben.Foto: Fraunhofer ISE
Das Keramikmaterial wurde im Außenteststand des Fraunhofer ISE unter 1000facher Sonnenkonzentration optisch, thermisch und mechanisch charakterisiert.
Neuartige feste Wärmeträger erlauben höhere Temperaturen im Solarturmkraftwerk. Eine Luftwand vermindert die Wärmeverluste. Aus neuen Komponenten haben Forscher:innen vom Fraunhofer ISE ein neues Gesamt-Konzept für Solarturmkraftwerke erarbeitet.

Im Verbundprojekt HelioGLOW haben Forscher:innen des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit Industriepartnern an Optimierungen für das Solarturmkraftwerk gearbeitet. Das Projektteam untersuchte ein neues keramisches Wärmeträgermaterial inklusive Kraftwerkskonzept sowie eine Luftwand zur thermischen Isolation des Receivers. Dem Trend zu optimierten Produktionsprozessen trägt die Weiterentwicklung des Stellio-Heliostaten Rechnung. Die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekts stellt der nun veröffentlichte Abschlussbericht vor.

Konventionelle Solarturmkraftwerke arbeiten mit einer Salzschmelze als Wärmeträgermedium, wobei das Temperaturlimit bei 600 Grad Celsius liegt, da es aufgrund der Korrosivität des Salzes sonst zu Schäden kommt. Im Projekt HelioGLOW setzte das Team dagegen auf einen aus Festkörpern bestehenden Wärmeträger, der eine Erhöhung der Betriebstemperaturen auf mehr als 1.000 Grad Celsius erlaubt und die Effizienz deutlich steigert. Die Wärmeträger werden im konzeptuell erarbeiteten Verfahren ähnlich wie in einem Karussell durch den Receiver gefahren und direkt aufgeheizt. Die Firma Kraftblock GmbH entwickelte dafür neuartige keramische Receiverelemente, deren nicht-korrosives und umweltfreundliches Material sich durch eine hohe Wärmespeicherkapazität auszeichnet. Hergestellt in einem Recycling-Verfahren, ist das Keramikmaterial zudem preisgünstig.

In einem Teststand am Fraunhofer ISE haben die Forscher:innen das Material hinsichtlich Temperaturentwicklung und Stabilität charakterisiert, anschließend im Solarsimulator des IMDEA-Instituts für Energieforschung in Madrid getestet. Anhand der Messergebnisse konnte das Projektteam das Verhalten des Materials unter hochkonzentrierter Solarstrahlung bewerten. „Das nächste Ziel ist, das Material des Receivers weiterzuentwickeln, sodass die Energie tiefer ins Innere des Körpers geleitet wird“, sagt Gregor Bern, Gruppenleiter Konzentrierende Systeme und Technologien am Fraunhofer ISE.

Da in dem neuartigen Festkörper-Receiver Strahlungsempfänger, Wärmeträger und Speichermaterial in einer Komponente kombiniert werden, sinken die Kosten für die Errichtung des Kraftwerks. Der Wärmeübertragungswiderstand und die Flussdichtelimitierungen bei konventionellen Rohr-Receivern entfallen. Die erreichten höheren Temperaturen, die das System auch bei fluktuierender Sonneneinstrahlung besser halten kann, senken die Kosten der solarthermischen Stromerzeugung ebenfalls.

Luftwand reduziert Wärmeverluste um 30 Prozent

Ein Problem bei einem Solarturmkraftwerk sind die konvektiven Wärmeverluste, die bei hohen Temperaturen und einer starken Konzentration von Sonnenlicht auftreten und die Effizienz verringern. Während die Luft am Receiver Temperaturen über 600 Grad Celsius erreicht, liegt die Temperatur der Umgebungsluft typischerweise im Bereich um die 30 bis 40 Grad Celsius. Beim Vorbeiströmen am Receiver nimmt die kühlere Luft dessen Wärme auf. Eine Möglichkeit zur Trennung der verschiedenen Luftvolumina sind Quarzglasfenster, die es jedoch nicht in der erforderlichen Größe gibt.

Das Fraunhofer ISE testete daher die Idee einer Luftwand, die starke Düsen an der Öffnung des Receivers bilden. und die zu einer Trennung der Luftvolumina führt. „Zu dieser Lösung gab es bisher nur Simulationen. Aber die Technologie ist bisher noch nie im Kraftwerksbereich demonstriert worden“, erläutert Moritz Bitterling, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projektteam des Fraunhofer ISE.

In einem mit etwa 50 Temperatursensoren versehenen Testaufbau im Realmaßstab simulierte das Team mit Heizelementen einen 600 Grad Celsius heißen Receiver. Für das Projekt legte der Industriepartner Luftwandtechnik GmbH eigens ein Luftwandsystem für die Hochtemperaturanwendung aus und installierte es im Receiverteststand des Fraunhofer ISE in Freiburg. Im Versuchsaufbau haben die Forscher:innen die konvektiven Wärmeverluste mit und ohne Luftwand und die für das Erreichen von 600 Grad Celsius nötige Heizleistung gemessen. Geeignete Betriebsparameter, wie der Winkel der Luftwand-Düsen und die Austrittsgeschwindigkeit der Luft, haben sie in Kooperation mit der Luftwandtechnik GmbH ermittelt. Dadurch konnte man die konvektiven Wärmeverluste des Receivers um 30 Prozent reduzieren. Die Technologie lässt sich auch in anderen Industrien mit Hochtemperaturprozessen einsetzen. Dort kann die Abschottung großer Temperaturunterschiede, wie etwa an Hochöfen, Verluste reduzieren. In Nachfolgeprojekten wollen die Projektpartner dies erproben.

Weiterentwicklung von Heliostaten und neues Konzept für Solarturmkraftwerk

In der solarthermischen Stromerzeugung geht der Trend zu kleineren Solarturmkraftwerken. Das Fraunhofer ISE begleitete daher im Rahmen von HelioGLOW die Firma sbp sonne GmbH bei der Weiterentwicklung ihres Stellio-Heliostaten. Ziel war die weitere Kostenreduktion durch ein optimiertes Design des Pylons und die Anpassung des Designs an die Anforderungen kleiner Turmkraftwerke. Das Fraunhofer ISE führte Vermessungen am Heliostaten mittels 3D-Laserscanning durch. Zudem erprobte man das Verfahren für eine schnelle Vermessung von Heliostaten im Feld. Mittels deflektrometrischer Vermessungen von Spiegeloberflächen im Labor analysierte das Team Verformungseffekte unter spezifischen Belastungsszenarien.

Aus allen genannten Komponenten hat das Fraunhofer ISE ein Gesamt-Konzept erarbeitet, das den Receiver aus Festkörper-Wärmeträger und Luftwand sowie den optimierten Stellio-Heliostaten in ein solarthermisches Kraftwerk integriert. Dafür haben die Forscher:innen untersucht, welcher Kraftwerksprozess sich am besten für eine Kopplung eignet und wie man die Wärme von den Festkörpern an den Kraftwerksprozess übertragen kann. Das Gesamtsystem haben die Forscher:innen im thermohydraulischen Simulationstool ColSim CSP modelliert, untersucht und anschließend techno-ökonomisch bewertet. So konnten sie die bestehenden technisch-ökonomischen Modelle erweitern und die optimale Auslegung und Betriebsführung vom Solarturmkraftwerk mit den neuen Komponenten ermitteln.

22.3.2023 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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